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Die Artischocke, eine alte Nutzpflanze aus dem Mittelmeerraum

Wenn wir das Wort Artischocke hören, dann denken wir an eine Gemüsespezialität. Sie war bei uns früher recht unbekannt. Doch bei Reisen in benachbarte Länder wie Italien oder Frankreich konnten wir ihr auf den Märkten begegnen oder sie in Restaurants genießen. Die Artischocke hat dort eine lange Tradition, und sie ist nicht nur ein geschätztes Gemüse sondern gilt seit der Antike auch als Heilpflanze.
Wissenschaftlich heißt die Artischocke Cynara scolymus. Sie darf nicht mit dem nahe verwandten Cardy (C. cardunculus), auch Kardone oder Gemüse-Artischocke genannt, verwechselt werden, der ebenfalls aus dem Mittelmeerraum stammt, aber ein Blattstielgemüse ist und von manchen fälschlicherweise als Wildform der viel bekannteren Artischocke aufgefaßt wird. Der Cardy wird heute nur noch in Nordamerika angebaut und genutzt. Pflanzensystematisch gehören beide Cynara-Arten zur Familie der Korbblütler (Asteraceae oder Compositae), deren Blüten in großer Menge dicht gedrängt in Köpfchen stehen, von einer Hochblatthülle umgeben und dadurch an Körbchen erinnernd. Bei der Unterteilung der Korbblütler in zwei Unterfamilien werden Artischocke und Cardy zu den Röhrenblütigen gestellt, weil alle Blüten radiär symmetrisch gebaut sind. Die Artischocke ist eine ausdauernde krautige Pflanze, also eine Staude. Sie entwickelt eine starke Wurzel. Die meisten Blätter sind grundständig und bilden eine Rosette. Sie können bis 70 cm lang werden, sind ein- bis dreifach fiederschnittig, haben eine grüne, spärlich behaarte Oberseite und eine weiße, stark behaarte Unterseite. Die Blattzähne laufen in einen Dorn aus. Die Blätter des 1 - 2 m hohen Stengels sind einfacher und kleiner gestaltet und befinden sich bis oben an der Spitze, wo der Stengel mit einem oder mehreren Blütenständen abschließt.
Der Blütenstand ist das schon erwähnte Köpfchen oder Körbchen, hier aber männerfaustgroß und vor allem während der Blütezeit im Sommer und im Herbst auffällig. Solch ein Blütenkorb besteht aus einem beachtlich dicken, fleischigen Boden, auf dem die röhrenförmigen, blauvioletten, zwittrigen Blüten sitzen, umgeben von zahlreichen großen, starren, sich dachziegelartig deckenden, grünen Hüllblättern. Diese sind breit eiförmig bis schmal länglich, teilweise an der Basis fleischig, bisweilen auch dornig zugespitzt. Aus den unterständigen Fruchtknoten der Blüten entwickeln sich oval-längliche Achänen als Schließfrüchte, die leicht gerippt sind und eine fedrig gefiederte Haarkrone (Pappus) besitzen.
Die Artischocke kommt nicht wild vor, sondern ist nur als Kulturpflanze seit langer Zeit aus dem Mittelmeergebiet bekannt. So wurde sie bereits 500 v. Chr. in Ägypten genutzt. Den reichen Römern war sie Delikatesse. Besonders im christlichen Rom galt sie als teure Gemüsespezialität. Später übernahmen sie die Araber. Aber erst im 15. Jahrhundert gelangte sie über Frankreich nach England, im 18. Jahrhundert in die Vereinigten Staaten. Der Anbau kann überall dort stattfinden, wo das Klima mild ist, demnach auch in klimabegünstigten Gebieten Mitteleuropas. Heute wird die Artischocke vor allem in Italien, Frankreich, Spanien, Israel, Algerien, Marokko und Griechenland angebaut. Auf Grund unterschiedlicher Erntezeiten werden heutzutage auf dem deutschen Markt beinahe ganzjährig Artischocken angeboten. Insbesondere im Spätherbst und im Spätfrühling kann man sie bei den Gemüsehändlern erwerben. Es werden mehrere Sorten verkauft. Sie werden nach der Farbe (hellgrün, grün, violett) unterschieden. In Deutschland sind diejenigen besonders gefragt, die grün, groß und etwa 500 g schwer sind und einen möglichst breiten, fleischigen Boden haben. Sie stammen vorwiegend aus der Bretagne. Artischocken werden nie roh, sondern immer nur in gekochtem oder geschmortem Zustand gegessen. Zum Abkochen nimmt man häufig Salzwasser mit Zitronensaft. Zum Verzehr eignen sich die fleischigen Basen der Hüllblätter und die von den Blüten (Heu) befreiten Böden.
Der Geschmack kann als feinherb bis zartbitter bezeichnet werden. Die Bekömmlichkeit ist gut, zumal eine günstige Wirkung auf den Magen, Leber und Galle zu verzeichnen ist. Schon in der Antike war man von dem verdauungsfördernden Effekt überzeugt. So zeigte sich schon früh, daß die Artischocke nicht nur Gemüsepflanze ist sondern auch der Gesundheit dient.

Was den Nährwert betrifft, so ist die Artischocke höher einzustufen als der Blumen- und Spargelkohl. Die Menge an Kohlenhydraten liegt bei 12,2 g gegenüber 4 - 4,5 g bei den erwähnten Kohlarten, bezogen auf 100 g eßbaren Anteil. Als weitere Werte seien angegeben: 82,5 g Wasser, 2,4 g Eiweiß, 0,12 g Fette, 1,5 g Rohfaser, 1,29 g Mineralstoffe, 0,1 mg Carotin, 0,14 mg Vitamin B1, 0,012 mg B12, 0,1 mg Nicotinamid und 7,6 mg Vitamin C. Besonderen gesundheitlichen Wert sprach man schon früh aber mehr der Wurzel und den Blättern zu. So pries beispielsweise L. Fuchs im 16. Jahrhundert diese Teile der Artischocke ebenso wie H. Bock im 17. Jahrhundert als Mittel gegen "verstopfte Leber und Niere", was zu "Gäl- und Wassersucht" führe. Im 19. Jahrhundert wurde der Artischockenblätter-Extrakt bei akutem Gelenkrheumatismus (Hallette, Ditterich), bei Gelbsucht und Leberinsuffizienz (Nicolas, Bachin, Bally, Magnus, Levrat, Terraton, Delafontaine) empfohlen. Dann kamen auch klinische Versuche und genauere Untersuchungen hinzu, die teils an gesunden Personen, teils an Patienten durchgeführt wurden. Die Ergebnisse sprachen für eine choleretische, cholekinetsiche, antiseptische (Paolillo), leberkräftigende (Tixier, Eck, Cristoph), cholesterinsenkende (Tixier, Eck), aber auch diuretische (Beggi, Dettori) Wirkung.
Es soll nicht unberücksichtigt bleiben, daß bis in unsere Zeit die Artischocke in der Volksmedizin Verwendung findet. So nutzt Mességué Blätter und Wurzel und gibt als Indikationen Funktionsstörungen und Koliken von Leber und Niere, Gelbsucht, Verstopfung, leberbedingte Migräne, Gicht, Fettleibigkeit, Akne, Flechten, Ekzeme, Nesselfieber, Rheumatismus, Asthma, Arterienverhärtung, Angina pectoris, Infarkt und Schlaganfall an. Als Zubereitungsformen nennt er Aufguß, Absud, Saft, Tinktur und läßt trinken bzw. Fuß- und Handbäder durchführen. Auch bei Corcos ist ein Infus hilfreich bei Leberfunktionsstörungen, Rheuma und Arthritis. In der erst 1994 erschienenen deutschen Ausgabe der italienischen Heilpflanzenenzyklopädie "Le erbe" werden die günstigen Eigenschaften der Artischocke herausgestellt: harntreibend, reinigend, Cholesteringehalt im Blut senkend, choleretisch, leberschützend, verdauungsfördernd. Danach kommen zur innerlichen Anwendung Blätter und Wurzel, von denen Dekokt, Tinktur und Weintinktur hergestellt werden. Die Kommission E des früheren Bundesgesundheitsamtes hatte allerdings 1988 eine Monographie für Cyanarae Folium (Artischockenblätter) erarbeitet, die nur dyspeptische Beschwerden als Anwendungsgebiet und eine choleretische Wirkung beinhaltet, wohl damals auf einem Kenntnisstand basierend, der heutigen wissenschaftlichen Vorstellungen nicht mehr entspricht. Unterdessen wurde 1990 eine Korrektur angebracht. Die Droge Artischockenblätter hatte nach Jahren des Einsatzes in Form von pharmazeutischen Präparaten und der chemischen, pharmazeutischen und klinischen Erforschung allerdings an Interesse verloren, weil man von der Wirkung eines einzigen Inhaltsstoffes ausgegangen war. Es handelte sich um Cynarin, das chemisch gesehen die 1,5-Dicaffeoylchinasäure darstellt. Die Struktur wurde 1952 aufgeklärt. Diese Substanz wurde überbewertet, wie wir heute wissen. Sie zeigte auch als reiner isolierter oder synthetisierter Stoff nicht die Wirkung, die man erwartete. Nach neueren Erkenntnissen entfaltet nur der Komplex aller Inhaltsstoffe des Gesamtextraktes der Artischockenblätter die vielfältigen Wirkungen im menschlichen Körper. Im Laufe der Zeit wurden noch weitere Substanzen identifiziert. Alle bisher bekannten werden zu folgenden Stoffklassen gerechnet: 1) Hydroxyzimtsäurederivate (ein Gemisch verschiedener Caffeoylchinasäuren), 2) Flavonoide, 3) Sesquiterpene. Doch es ist bisher nicht geklärt, welche der gefundenen oder vielleicht noch unentdeckten Substanzen wirksam sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Erkenntnis, daß die 1,5-Dicaffeoylchinasäure (Cynarin) nur in Spuren in den frischen Artischockenblättern vorkommt, im wäßrigen Extrakt durch Umesterung von 1,3-Dicaffeoylchinasäure jedoch erheblich (bis 20 %) ansteigt. Aber vielleicht lagen die mäßigen Erfolge, die früher zuweilen zu verzeichnen waren, am Erntetermin der Artischockenblätter. Heute ist bekannt, daß in den Spreiten der Grundblätter die höchsten Gehalte an Caffeoylchinasäuren am Ende der ersten Vegetationsperiode vorhanden sind.

Seit dem letzten Jahr wurden physiologisch-chemische und klinische Untersuchungen durchgeführt, um auch die zentralen molekularen Wirkmechanismen zu erforschen. Wesentliche Anstöße gab dazu die pharmazeutische Firma Sertürner, Gütersloh, deren Bestreben es ist, insbesondere Arzneimittel aus Heilpflanzen mit hoher therapeutischer Wirkung bei geringen Nebenwirkungen herzustellen. Diese Firma produziert Hepar SL forte, das das wohl höchstdosierte Artischockenpräparat auf dem Markt darstellt. Jede Kapsel enthält 320 mg Artischockenextrakt (4,5 - 5 : 1).
Durch Auswertung zahlreicher Veröffentlichungen aus dem In- und Ausland konnte unterdessen ein recht gutes pharmakologisch-therapeutisches Profil des aus den Blättern der Artischocke gewonnenen Extraktes erstellt werden. Zunächst wird die klassische Indikation bestätigt und begründet. Mit Artischockenextrakt lassen sich auf Grund seiner choleretischen Wirkung selbst bei chronischen und therapieresistenten Fällen von Dyspepsie Heilungen erzielen. Es wurden Rückbildungsraten zwischen 47 und 88 % nach sechswöchiger Behandlung festgestellt. Desweiteren können durch den Extrakt erhöhte Serumtriglycerid- und Serumcholesterin-Gehalte deutlich gesenkt werden, auch wenn die Therapie nur eineinhalb Monate dauerte. Die Reduktion lag im Mittel aller klinischen Studien bei etwa 20 %, nach jüngsten Untersuchungen 12,5 % bzw. 11,5 %. Der molekulare Mechanismus der lipidsenkenden Wirkung beruht auf einer hocheffektiven Hemmung der hepatischen Cholesterin-Biosynthese. Blättextrakt der Artischocke hat auch einen leberschützenden und leberregenerationsfördernden Effekt. Dieser wird erklärt durch seine ungewöhnlich hohe antioxydative Wirksamkeit, die sich in molekularen und zellulären Testsystemen zeigte. Damit gleicht die Artischocke der Mariendiestel (Silybum marianum), die auch zu den Korbblütlern gehört und eine nahe Verwandte ist. Dem in ihr wirksamen Stoff, dem Silymarin, fehlt jedoch die choleretische und cholesterinsynthesehemmende Eigenschaft. Antioxidative Wirkung und Hemmung der Biosynthese von Cholesterin müssen aber auch im Zusammenhang mit Arteriosklerose gesehen werden. Denn nach neueren Untersuchungen ist nicht das LDL (Low Density Lipoprotein) der Lipidfraktionen des Blutserums als Risikofaktor anzusehen sondern dessen oxidierte Form (oLDL). So kann der Einsatz von Artischockenextrakt schließlich als wichtige Maßnahme bei der Verhütung kardiovaskulärer Krankheiten eingestuft werden.

(Gedankt sei der Firma Sertürner in Gütersloh für die Bereitstellung aktueller Literatur).

H. Dapper

entnommen den BERLINER HEILPRAKTIKER NACHRICHTEN




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