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Die Sonne im Öl eingefangen:

Johanniskraut

Eine Heilpflanze für Seele und Nerven

Der Besuch des Arbeitskreises Phytotherapie durch Herrn Unter, Vertreter der Berliner Arzneimittelfirma Steiner (Sedariston, Aristoforat u.a.) am 5.12.94, das 1990 herausgekommene Buch "Hypericum, Hypericin. Botanik, Inhaltsstoffe, Wirkung" (158 Seiten) von L. Roth (Verlag ecomed, Landsberg) und Demonstrationspflanze bei den jährlichen Exkursionen sind Anlaß, Wichtiges und Interessantes über das Johanniskraut zusammenzustellen und hier mitzuteilen.

Schon in der Antike wurden Johanniskraut-Arten zu medizinischen Zwecken verwendet (Nikandros 2. Jahrhundert v. Chr., Dioskorides und Andromachus 1. Jahrhundert n.Chr.). Der lateinische Name Hypericum leitet sich ab vom griechischen ypericon. Hildegard von Bingen (1098 bis 1180) führte die Pflanze auch auf. Im 16. Jahrhundert tauchen deutsche Namen in den bekannten Kräuterbüchern von Bock, Fuchs, Tabernaemontanus etc. auf: Hartheu, Joanneskraut, Kunrath. Um die Jahrhundertwende wurde von Dietrich der rote Farbstoff des Tüpfelhartheus (Hypericum perforatum) genauer analysiert. Seitdem ist die Forschung auf verschiedenen Gebieten (Biologie, Chemie, Medizin) weitergeführt und intensiviert worden.
Es werden weltweit über 370 Arten der Gattung Hypericum unterschieden. 314 sind intensiver untersucht worden. Diese Sippe (Bedecktsamer, Zweikeimblättrige) gehört zur Familie Guttiferae, manchmal auch Hypericaceae genannt. Die Gattung wird in ca. 30 Sektionen bzw. Subsektionen gegliedert. In Mitteleuropa kommen neun Arten vor. Am bekanntesten und von der Medizin am meisten verwendet ist Hypericum perforatum, das im Deutschen die Namen Tüpfelhartheu, Tüpfeljohanniskraut und Geflecktes Johanniskraut trägt.

Diese Pflanze ist eine Staude, die 30 bis 10 cm hoch wird, aufrecht wächst und bis 50 cm tief wurzelt. Sie besitzt +- deutlich zweikantige, markige Stengel und sitzende, elliptische bis längliche, kahle Blätter, die durch das Vorhandensein von Öldrüsen gegen Licht dicht bis durchscheinend punktiert sind. Am Rande und teilweise auf der Blattfläche befinden sich schwarze Drüsen. Die von Juli bis September erscheinenden Blüten sind in Trugdolden angeordnet, bestehen aus fünf lanzettlichen, spitzen Kelch- und fünf elliptischen, goldgelben bis 12 mm langen Kronblättern sowie aus zahlreichen freien Staubblättern und einem dreiblättrigen oberständigen Fruchtknoten. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten. Es gibt aber auch Selbstbestäubung. Die Frucht ist eine 10 mm lange Kapsel, aus der bei der Reife nach der Öffnung zylindrische, feinwarzige, dunkelbraune Samen herausfallen.
Das Verbreitungsgebiet des Tüpfeljohanniskrautes erstreckt sich von Europa und Westasien bis nach Nordafrika. In kühlgemäßigten Zonen vieler Teile der Welt ist es eingeschleppt und teilweise eingebürgert. In Mitteleuropa trifft man es von der Ebene bis in die subalpine Region an. Als Standorte sind Gebüschsäume, Waldränder, Wege, Böschungen, Magerweiden, Magerrasen, Ginster- und Heidekautheiden, Brauchflächen, Waldlichtungen zu nennen. Das Gewächs, das als Pionier, Magerkeitszeiger und Lichtpflanze bezeichnet werden kann, gedeiht auf frischen bis mäßig trockenen, meist kalkfreien, mäßig sauren, neutral humosen oder rohen, tiefgründigen, sandig-steinigen oder reinen Lehmböden.

An Blüteninhaltsstoffen sind zu nennen: Hypericin und dessen Derivate (Pseudohypericin, Protohypericin, Protopseudohypericin u.a.), die als oft instabile Verbindungen in der Pflanze nicht gesichert vorkommen, Flavonoide (Quercetin, Hyperosid, Luteolin, Kämpferol, Myrcetin, Rutin, Dihydroquercetin), Säuren (Chlorogensäure, Kaffeesäure, Ascorbinsäure = Vitamin C), das Phloroglucinderivat Hyperforin, Gerbstoffe (Catechin, Epicatechin), Farbstoffe (Lutein, Chlorophyll), Anthrachinone (Skyrin, Oxyskyrin), Xanthonderivate (Tetrahydroxyxanthon, Maculatuxanthon, Mangiferin), ätherische Öle (insgesamt 29 Bestandteile, z.B. Thujen, Pinen, Camphen, Myrcen, Terpinen, Cymen, Campher, Geraniol, Caryophyllen, Humulen, Cubeben, Calamenen, Cadinen), Fette und Wachse.
Die bekannteste, charakteristischste und wichtigste Substanz ist Hypericin. Es handelt sich um einen roten Farbstoff, dessen Bruttoformel C16H10O5 von Czerny 1911 aufgestellt wurde. Joannides gelang 1930 die kristalline Darstellung. Sieben Jahre später beschrieb Jerzmanowska Hypericin als gelbes Glucosid mit der Summenformel C21H20O12. Schließlich konnte 1939 M. Nagib Haschad die Struktur von Hypericin aufklären und die Konstitutionsformel aufstellen.
Hypericin, das auch bisweilen Hypericumrot, Mycoporphorin oder Cyclosan genannt wurde, ist ein Naphthodianthron-Derivat mit der Summenformel C30H16O8 und dem Molekulargewicht von 504,43. Es fällt in violetten Kristallen aus, ist in alkalisch wäßrigen Lösungen unter pH 11,5 rot und über 11,5 grün, wobei es rot fluoresziert. Es ist leicht löslich in Pyridin und anderen organischen Basen, schwer löslich und ziegelrot fluoreszierend hingegen in wäßrigem Alkali und Nitrobenzol. Nahe verwandt ist das in dem Pilz Penicilliopsis claveriaeformis vorkommende Penicilliopsin, aus dem Hypericin gewonnen werden kann. Bei Untersuchungen der handelsüblichen Droge (Hyperici herba) ist Hypericin zu etwa 60% erhalten.

Vom Johanniskraut liegt eine positive Monographie vor, die von der Kommission E des damaligen Bundesgesundheitsamtes erarbeitet wurde. Danach muß die Droge Hyperici herba aus Pflanzen, die während der Blütezeit gesammelt wurden, bestehen. Es handelt sich um die getrockneten oberirdischen Teile. Als Indikationen bei innerlicher Anwendung erden genannt: psychovegetative Störungen, depressive Verstimmungszustände, Angst und / oder nervöse Unruhe, dyspeptische Beschwerden. Äußerliche Behandlung mit Hypericum erfolgt bei scharfen und stumpfen Verletzungen, Myalgien und Verbrennungen 1. Grades. Während Gegenanzeigen unbekannt sind, werden evtl. auftretende Neben Wirkungen aufgeführt. Es geht hierbei um Photosensibilisierung insbesondere bei hellhäutigen Menschen. Angewendet wird die geschnittene Droge, daraus hergestelltes Pulver, flüssige (Extrakte, Tee), ölige und feste Zubereitungen für die innerliche und / oder äußerliche Anwendung. Als mittlere Tagesdosis für die innerliche Anwendung werden 2 bis 4 g Droge oder 0,2 bis 1,0 mg Hypericin angegeben.

Die deutsche Pharma-Industrie stellt heute über 80 Präparate her, in denen Johanniskraut allein oder mit anderen Pflanzen vorkommen. So wäre als Monopräparat Aristofort der Firma Steiner aus Berlin zu nennen, das den Trockenextrakt aus Johanniskraut (120 bis 180 mg, entsprechend 0,25 mg Gesamthypericin, berechnet als Hypericin) enthält. In Sedariston von Steiner sind hingegen noch weitere Arzneipflanzen verarbeitet. Die Tropfen enthalten alkoholische Auszüge von Johanniskraut (0,15 bis 0,2 ml, entsprechend 1,5 My g Hypericin), von europäischer Baldrianwurzel (1 : 10; 0,2 ml) und von Melissenblättern (1 : 5; 0,2 ml). In den Konzentrat-Kapseln kommen außer dem Trockenextrakt aus Johanniskraut (5 bis 7 : 1; 80 bis 110 mg; standardisiert auf 0,15 mg Gesamthypericin, berechnet als Hypericin) auch Trockenextrakt aus europäischer Baldrianwurzel (4 bis 7 : 1; 50 mg) vor. Beide Arzneimittel sind für den innerlichen Gebrauch bestimmt. Die bei Aristoforat im Prospekt angegebene HPLC-Methode ist eine spezifische Analysentechnik, die eine Abtrennung der wertbestimmenden Inhaltsstoffe aus dem komplexen Vielstoffgemisch des Extraktes und damit eine reproduzierbare Wirksamkeit ermöglicht. Sedariston-Konzentrat ist eines der wenigen Phytotherapeutika, das seit 1984 nach dem neuen Arzneimittelgesetz von 1978 mit den erhöhten Anforderungen bezüglich Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutischer Qualität zugelassen ist.

Die in der Literatur zu findenden Indikationen für Johanniskrautzubereitungen sind beachtlich. Am meisten werden genannt: Depressionszustände (ohne endogene Depressionen), gefolgt von psychogen bedingtem Bettnässen und Schlafstörungen. Dann kommen Durchfallerkrankungen, funktionelle Depressionen (z.B. nach Gehirnerschütterung), Gallenblasenkrämpfe, Magen-Darmkatarrh, Nervenschmerzen, nächtliches Aufschreien der Kinder, psychovegetatives Syndrom, Regelstörungen, Unruhe und Beschwerden in den Wechseljahren. Schließlich seien noch aufgeführt: Amputationsstumpf- und Kopfscherzen, Anämie, Gebärmutter-, Gelenk- und Mundhöhlenentzündungen, Gemütsverstimmung, Gicht, Ischias, Leberbeschwerden, Lungen-, Blasen- und Nierenkrankheiten, Magendrücken und -geschwüre, nervöse Erschöpfung, krampfartige Periodenbeschwerden, Rheumatismus, Verdauungsstörungen, Verschleimung, Würmer.

Ein altes, bewährtes Hausmittel, das schon von Hippokrates und Paracelsus gelobt wurde, aber dem zeitweise eine Wirkung abgesprochen wurde (nach Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis von 1925 "rotgefärbtes Öl", "Placebo"), ist das heute wieder im Handel erhältliche oder selbstherstellbare Johanniskrautöl (Rotöl). Nach Pahlow werden die gerade geöffneten Blüten gesammelt, zerquetscht, in einem Mörser zerrieben. 25 bis 30 g werden mit 1/2 l Olivenöl vermischt und in einer aus weißem Glas bestehenden Weithalsflasche zunächst unverschlossen an einem warmen Ort etwa 5 Tage aufgestellt. Gelegentlich wird die Mischung umgerührt. Dann wird die Flasche verschlossen und solange dem Sonnenlicht ausgesetzt, bis die Flüssigkeit leuchtend rot gefärbt ist. Nach 5 bis 7 Wochen wird abgegossen und der Bodensatz ausgepreßt. Noch einmal muß die gewonnene Flüssigkeit eine Woche beiseite gestellt werden, damit sich Öl und Wasser trennen können. Dann wird das Öl abgegossen, in Flaschen abgefüllt und an einem kühlen Ort aufbewahrt.
Johanniskrautöl wird vor allem zur Behandlung frischer und schwerheilender Wunden, Quetschungen, Prellungen, Sportverletzungen, Verstauchungen, Wundliegen, Verbrennungen und rheumatischer Beschwerden eingesetzt. Darüber hinaus ist es z.B. angezeigt bei Blutergüssen, Gelenkentzündungen, Gürtelrose, Hämorrhoiden, spröder und unreiner Haut Nervosität, Schlafstörungen, Magengeschwüren, Galle- und Leberbeschwerden sowie Ulcus cruris. Es soll auch prophylaktisch bei Karies und Paradontose wirken.
Hypericum-Extrakte haben die Eigenschaft, gefäßschützend, antibakteriell, antiviral (Grippe-, Herpes-, Retroviren), spasmolytisch, leberschützend zu sein und  den psychosomatischen Nervenstoffwechsel zu aktivieren. Auch besitzen sie eine Wirksamkeit gegen Gallensteine.

Schließlich darf hier nicht unerwähnt bleiben, daß Hypericum perforatum auch homöopathisch angewendet wird. Nach DHU liegt die tiefste herstellbare Potenz bei Verreibungen bei D 1, bei Ampullenpräparaten bei D 4. Gebräuchliche Potenzen sind D 2, D 3, D 4, D 6. Die Wirkungsrichtung weist auf zentrales und peripheres Nervensystem sowie auf die Haut. Beim Arzneimittelbild (nach Gibson, HAB, Köhler, Leeser) werden als Leitsymptome angegeben: Kongestion zum Kopf verbunden mit Erregung, Depression, Gedankenschwäche; Nervenschmerzen nach Verletzungen, Operationen, Gehirn- und Rückenmarkserschütterungen Stumpfschmerzen; heftige, stechende, reißende Schmerzen an der verletzten Stelle mit Ausstrahlung ins Versorgungsgebiet des betroffenen Nerves; evtl. Kribbeln und Taubheit im Nervenareal; Schmerzhaftigkeit und Berührungsempfindlichkeit der verletzten Teile sind größer, als es von der äußeren Erscheinung der Verletzung zu erwarten wäre. Die Modalitäten sind: Wetterwechsel, Kälte, vor allem feuchte Kälte, Nebel, Bewegung und Berührung verstärken die Beschwerden; Verschlimmerung auch vor Sturm, von 18-22 Uhr und in der Dunkelheit; Besserung durch Ruhe, durch Reiten, Liegen auf dem Gesicht, Liegen auf der erkrankten Seite bei Zahnschmerzen und durch Zurückbeugen des Kopfes. Als Hauptindikationen werden aufgeführt: photosensible Dermatosen, funktionelle und arteriosklerotische Depressionen, Zustände nach Gehirnerschütterung, Nervenquetschungen, äußerlich als Wundmittel.

H. Dapper
 

Entnommen den berliner heilpraktiker nachrichten

 



 
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