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Der Placeboeffekt und die Homöopathie
Teil III

Marion Rausch, Berlin

Ganzheitlichkeit der Heilung

„Sensationsgeschichten wie die vom Durchbruch im Kampf gegen Aids und der immer wieder beschworene Siegeszug des Penicillins täuschen darüber hinweg, dass tatsächlich nur die Ursachen von 30 bis 40% aller Gebrechen bekannt sind und deshalb mit schulmedizinischen Methoden geheilt werden können. Die Mehrzahl aber, und dazu gehören vor allen die chronischen Leiden, bekommen die Ärzte trotz intensivster Forschung nicht in den Griff.

 

Deshalb ist es durchaus möglich, dass die Homöoopathie den Vergleich mit den klassischen Methoden erfolgreich besteht. Denn anders als der Schulmediziner muss der Homöopath keine eindeutige Ursache für eine definierte Krankheit finden, um gezielt therapieren zu können. Dazu kommt: Er schneidert seine Behandlung dem Patienten auf den Leib.

Die Homöopathen wehren sich vehement gegen die These, ihre Heilmethode sei eine Placebo- Therapie, und übersehen womöglich, dass dieses Urteil eher ein Lob ist als ein Vorwurf. Denn offenbar heilt der Mensch sich vor allem selber. Hauptsache, er wird auf irgend eine Art und Weise behandelt und glaubt daran. Warum sollte ein solcher, längst nachgewiesen mächtiger Psycho- Effekt sich nicht noch steigern lassen mit einer homöopathischen Behandlung?"

(aus GEO-Magazin: „Kann Glaubenheilen?)

Sie erinnern sich, liebe Freunde der Homöopathie und Naturheilkunde oder besser, der ganzheitlichen Medizin, Sie erinnern sich an meine Bemerkungen in Heft 3 und 4/99 unserer BHN: nämlich, der Placeboeffekt ist das eine, die Homöopathie das andere. Natürlich gehen beide THERAPIEN ineinander über. Bedingen sich geradezu, aber sie sind doch auch voneinander zu scheiden, denn, obgleich, wie Dellmour betont, es wenig Sinn macht, die Homöopathie als solche oder auch nur Arnica als konkretes Mittel im Einfachblind- wie im Doppelblindversuch nachzuweisen, ist Letzteres doch qualitativ überprüfbar, wie wir noch hören werden. Sie erinnern sich auch, dass der Autor plausibel erklärte, dass sich diese wissenschaftlichen Beweisführungsketten nicht eignet am Beispiel der Homöopathie, eben weil sie auf das Individuum eingeht und nicht auf seine Migräne. Im folgenden will ich mit Dellmours Ergebnissen, die im übrigen ausführlich im Internett (http://www.med.uni-muenchen.de/fachschaft/homeopathy/dellmour_plac.html) abrufbar ist, auf die

Placebofrage in der Homöopathie

Näher eingehen. Dellmour vermerkt dazu:..."Abgesehen von unkritischen Vorwürfen ist festzustellen, dass bei jeglicher Form einer Behandlung Placeboeffekte vorkommen und diese daher auch in der Homlopathie möglich sind. Daraus ergibt sich die Frage, in welchen Bereichen der homöopathischen Behandlung besonders mit Placebowirkungen gerechnet werden kann – um sich sowohl in der Therapie, als auch in der Forschung dessen bewusst zu sein und sich entsprechend darauf einstellen zu können.

Placeboeffekte aufgrund der Erwartungshaltung

Es besteht kein Zweifel daran, dass die grundsätzliche Erwartung, „gesund zu werden", in der Homöopathie besonders ausgeprägt ist. Als „ganzheitliche" Heilmethode, die noch den expliziten Anspruch auf „Heilung" erhebt und „keine Nebenwirkungen" hat, ist diese Situation im Zeitalter „kritischer Patienten" natürlich. Hinzu kommt oft noch das Charisma des Homöopathen, der „viel Zeit für den Patienten" hat, und eventuell der Umstand des privat zu bezahlenden Honorars, was unbewusst das Signal vermitteln könnte, dass es sich um eine besonders wertvolle Form der Behandlung handelt.

Derartige Vorschusslorbeeren vermögen besonders bei akuten und banalen Erkrankungen, die eine hohe Selbstheilungstendenz aufweisen, medizinische Laien zu täuschen, weshalb anzunehmen ist, dass gerade im Bereich der Selbstmedikation falsch positive Wirkungen erlebt werden. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass auch bei banalen Erkrankungen eine die Heilung unterstützende Wirkung durch das homöopathische Arzneimittel zu erwarten ist und diese sehr wohl vom Patienten bemerkt werden kann. Diese häufig im Gefühlsbereich stattfindende Wahrnehmung liegt jedoch meistens außerhalb des naturwissenschaftlichen Untersuchungsbereiches, was deren Beurteilung sehr erschwert.

Bei chronischen Erkrankungen hingegen zeigt der Verlauf der Behandlung relativ rasch, ob eine stattgefundene Verbesserung nur von kurzfristiger Dauer ist oder zu einer anhaltenden Heilung führt. Allerdings ist eine nur kurz anhaltende Wirkung aber keinesfalls generell als Placeboeffekt einzustufen. Denn einerseits ist es oft schwierig bis unmöglich, das zutreffende „Simile" des Patienten aufzufinden, weshalb Arzneien, die eine geringeren Similebezug aufweisen, auch nur zu schwächeren oder kürzer anhaltenden Wirkungen führen. Andererseits zeigen sowohl die Erfahrung als auch das homöopathische Denkmodell chronischer Krankheiten nicht selten das Vorhandensein eines „schichtenförmigen" Krankheitsaufbaus, wobei jede Schicht ein eigenes „Simile" benötigt. (Anmerk. Red: aus meiner Erfahrung weiß ich es anders: nicht jede Schicht benötigt ein eigenes Simile, ganz im Gegenteil: unter dem Similimum!!! Kommt Schicht für Schicht in die „Erinnerung", also raus, und es wäre fatal, bei scheinbar neuer Symptomatik ein neues Simile zu verabreichen, warum das so ist, wissen wir bis heute noch nicht gut).

„Dieser Umstand führt zu einer begrenzten Wirkdauer einzelner Arzneimittel und zur Notwendigkeit des Wechsels der Arzneien, ohne dass deshalb ein vielleicht nur kurzer Wirkabschnitt einer Arznei als Placeboeffekt gedeutet werden kann. Daher ist es auch bei chronischen Krankheiten sehr schwierig, Placeboeffekte zu erkennen oder auszuschließen.

Placeboeffekte aufgrund des ärztlichen Gespräches

Das homöopathsiche Erstgespräch nimmt meist eine Stunde oder länger in Anspruch, um die Symmptome und Auffälligkeiten des Patienten möglichst vollzählig zu erheben. Dadurch entsteht eine besondere Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patient, die in Verbindung mit einer gesteigerten Erwartungshaltung sicherlich zu Placeboeffekten führen kann. Diese Situation wird dadurch verstärkt, dass auch eine PSYCHOANAMNESE erhoben wird, bei der der Patient nicht nur die Gelegenheit hat, sich seine Beschwerden „von der Seele zu reden", sondern er kann sich durch die Fragen des Arztes psychischer oder psychosomatischer Zusammenhänge erstmals bewusst werden. Davon ausgehend sind Placeboeffekte zwar zu erwarten, - aber wiederum muss empirisch angenommen werden, dass ein anhaltender Heilungserfolg besonders bei chronischen Erkrankungen eher auf die arzneiliche Wirkung, als auf das ärztliche Gespräch zurückzuführen sein wird. Denn es wäre unwahrscheinlich, dem Anamnesegespräch mehr Heilungskraft zuzurechnen, als der Therapie eines ausgebildeten Psychologen oder Psychotherapeuten, der in der Regel viele Sitzungen zur Erreichung eines Behandlungserfolges benötigt. Daher bleibt auch hier die Möglichkeit, durch lange Nachbeobachtungszeiten und Erhebung allauffälliger Symptomverläufe nach den Kriterien der Hering’schen Regel eine zu vermutende Heilungsreaktion gegenüber einem Placeboeffekt nach Wahrscheinlichkeit abzugrenzen.

Unterscheidung von Placeboeffekten und homöopathischer Wirkung

Aus dem bisher gesagten ergibt sich, dass es schwierig bis unmöglich ist, Placeboeffekte in der homöopathischen Praxis zweifelsfrei zu erkennen. Das homöopathische Denkmodell bietet jedoch die Möglichkeit, auf folgende Hinweise für die stattgefundene oder begonnene homöopathische Heilungsreaktion zu achten:

  1. Auftreten einer Erstreaktion
  2. Das Auftreten von Symptomen entsprechen der Hering’schen Regel
  3. die bleibende Heilung ernsthafter oder besonders chronischer Erkrankungen

Qualität - Quantität

Es hat den Anschein, als weise die Polarisation „Schulmedizin – Homöopathie" auf eine tatsächlich in der Medizin vorhandene Polarität hin, die nicht durch Argumentation erfunden wird, sondern seit jeher in ihr präexistent war. Betrachtet man das weitreichende Spektrum unterschiedlicher medizinischer Methoden unter diesem Gesichtspunkt, so lässt sich der dafür zugrunde liegende Dualismus unschwer erkennen: die wissenschaftlich- experimentelle Medizin als messwertorientierte Medizin stellt das Extrembeispiel einer qualitativen Medizin dar, während die Homöopathie als erfahrungswertorientierte Medizin das Extrembeispiel einer qualitativen Medizin repräsentiert. Die eigentliche Medizin jedoch – im Sinne einer Gesamtmedizin- umfasst das gesamte therapeutische Spektrum zwischen beiden Extremen.

Die Aspekte der „quantitativen" Medizin sind jedem Arzt bekannt. Die qualitativen Aspekte der Medizin wurden bisher jedoch nur von komplementären medizinischen Methoden berücksichtigt, weshalb sie aus der Sicht der Homöopathie kurz dargestellt werden sollen.

Alles an der Homöopathie ist qualitativ – angefangen vom KRANKHEITSBEGRIFF, der die körperliche und psychische Gesamtsymptomatik als „Befinden des Leibes und der Seele" wahrnimmt. Dies berücksichtigt die homöopathische ANAMNESE, indem sie vorrangig die vom Kranken individuell empfundenen Schmerzqualitäten, Modalitäten, subjektiven Empfindungen und Ätiologien registriert. Die SYMPTOMENAUSWAHL der „charakteristischen" Symptome des Patienten führt schließlich zu einer nochmaligen und ausschließlich qualitativen Auslese der Symptome, auf die die homöopathische Arzneiwahl begründet ist. Damit ergibt sich fast von selbst, dass auch die VERLAUFSKONTROLLE anhand von Erstreaktion und Hering’scher Regel ebenso ausschließlich anhand qualitativer Kriterien erfolgt.

Das Simileprinzip

Qualität ist nicht messbar, wenngleich jede Qualität auch quantitative Aspekte aufweist, wie die Geschichte der Naturwissenschaften zeigt. Qualität ist jedoch beschreibbar. Sie kann objektiv beschrieben werden, wie etwa in den makroskopischen oder mikroskopischen Beschreibungen der Pathologie und Histologie, und sie lässt sich subjektiv beschreiben als körperliche und psychische Schmerzqualitäten, Empfindungen oder Gefühle, wie dies in der Homöopathie und Psychologie- aber auch im Alltagsleben der Fall ist. Für eine korrekte Beschreibung ist jedoch weiterhin der VERGLEICH erforderlich, auf den sich die Beschreibung bezieht- um die erlebte Erfahrung auch anderen mitteilen zu können.

Alle diese Elemente finden sich als zentrale Beschreibungen in der Homöopathie wieder. Die Anamnese erhebt beschreibend die als ganzheitlich- zusammenhängend empfundenen Symptome, wobei die Symptomenauswahl gerade jene Symptome für die homöopathische Arzneiwahl vorrangig beachtet, die als „As –if" bzw. „Als –ob"- Symptome bezeichnet werden. Diese vom Patienten intuitiv geäußerten Symptombeschreibungen, wie etwa „der Schmerz brennt wie Feuer", oder „als ob das Herz von einer Faust umklammert wird", und „ als ob ein Knödel in der Halsgrube wäre" VERGLEICHEN die individuell erlebten Symptome, um sie zum Ausdruck zu bringen.

Die Homöopathie, die Krankheiten als Qualitätsveränderungen wahrnimmt, vergleich danach mit Hilfe des Simileprinzipes die Symptomenqualität des Kranken mit der am Gesunden geprüften Symptomenqualität der Arzneiwirkung. Damit stellt das Simileprinzip einen Vergleich der Qualitäten dar.

Heilkunst

„Die eine Qualität kennzeichnende Eigenschaft ist die Unteilbarkeit, während diejenige der Quantität die Teilbarkeit ist." Aus diesem philosophischen Hintergrund leitet sich der bekannte Satz ab, dass das „Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist" – was jedoch gleichzeitig aufzeigt, dass eine Medizin, die an dieser Ganzheit orientiert sein möchte, als Voraussetzung eine bestimmte Bewusstseinshaltung erfordert, wie H. WALACH in Hinblick auf eine „ganzheitliche Heilkunde" formuliert hat:

„Ganzheitliche Heilkunde wäre also in erster Linie eine Haltung, erst in zweiter Linie eine Institution...Institutionell- akademisch würde sie sich dadurch auszeichnen, dass sich Forscher und Therapeuten darüber im klaren sind, dass eine ganzheitliche Praxis nur aus einer ganzheitlichen Haltung gegenüber der Wirklichkeit insgesamt erwachsen kann... sie setzt voraus, dass wir uns ganz bewusst, und nicht nur unwillig und implizit, vom Maschinenparadigma abwenden und Organismen nicht mehr als Automaten begreifen..."

Für die Medizin bedeutet dies eine Erweiterung des rationalen Denkrahmens monokausaler Ursache- Wirkungsbeziehungen hin zu einer umfassenden Gesamtmedizin, die auch die qualitativen Zusammenhänge und Phänomene des lebendigen Menschen wahrnimmt und in der Therapie zu berücksichtigen sucht.

Dies entspricht einer Entwicklung, die nach M.-D. PHILIPPE von der Medizin zur HEILKUNST führt. Heilkunst als höchste und komplexeste Form der medizinischen Therapie muss jedoch offen sein gegenüber allen Bereichen des menschlichen Lebens, die auf Gesundheit, Krankheit oder Heilung Wirkungen auszuüben vermögen, unabhängig davon, ob es sich um wissenschaftlich oder empirisch fassbare Einflüsse handelt. Und sie muss nach neuen Wegen für die Beurteilung der therapeutischen Relevanz der Heilmethoden suchen, da sich die qualitative Ebene von Symptomen und Symptomverläufen durch placebokontrollierte Studien nicht nachweisen lässt.

 



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