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Über die Wahnidee, ist eine Hure und andere Wahnideen von Hyoscymus

(Vortrag von Hp ANDREAS KRÜGER auf dem Homöopathischen Sonntag)
aufgeschrieben und bearbeitet von Angelika Lex und Marion Rausch

 ... ganz besonders möchte ich heute unseren Ehrengast begrüßen, Dr. NORBERT ENDERS, der ja gestern schon hier war, und soweit ich gehört habe und wie ich es auch nicht anders erwartet habe, die Anwesenden in einen nimmer endenden Belladonna-Rausch versetzt hat.

 Ich möchte beginnen mit einer kleinen Ehrung. Einer Ehrung von Menschen, von denen ich glaube, dass sie viel mit Hyoscyamus zu tun haben, und die mir unendlich nah waren. Den ersten, den ich heute ehren möchte und dem ich diesen Sonntag widmen möchte, ist Willy Millowitsch.

Willy Millowitsch war für mich einer der größten Künstler, dem ich in meinem Leben begegnet bin. Ich hab’s mich immer nie getraut zu sagen, weil ich dann irgendwie von meinen Brecht und Zadeck lesenden Kollegen eher verspottet wurde, aber, wann immer ich die Möglichkeit hatte, mal heimlich Willy Millowitsch zu gucken, war ich zutiefst begeistert. Und als ich im letzten Jahr zu seinem 90. die Fernsehshow sah zu seinem Geburtstag, er den kölschen jung sang, dachte ich, ein nicht nur närrischer, sondern wirklich fast schon priesterlicher Mensch, und um den priesterlichen Narren und um die priesterliche Närrin geht es ja bei Hyoscyamus ganz stark.

Dann möchte ich diesen Tag heute Fidel Castro widmen. Einer der wunderbarsten Exhibitionisten, die ich je erlebt habe. Niemand trug so stolz und würdevoll seine Zigarre im Munde und all das wofür sie steht. Niemand konnte sich so herrlich inszenieren, niemand hat Hunderttausende begeistert, ich glaube seine längste Rede ging mal 12 Stunden, und sie war nicht langweilig, habe ich mir sagen lassen, 12 Stunden Hunderttausende Menschen berührt, zu ekstatischen Ausbrüchen und,weiß Gott, nicht unsinnlichen Sensationen geführt.

Und abschließend möchte ich diesen Tag einigen Frauen widmen, die sehr stark hyoscyamus-aspektiert waren. Mit denen ich sehr befreundet sein durfte, manchen auch physisch nahe war, und sie hatten viel gemein mit Willy Millowitsch. Sie waren nicht nur total lebendig, sie waren nicht nur total lustig, sondern sie gaben einen Raum für Hingabe, wie ihn, glaube ich, nur Hyoscyamus geben kann.

Hyoscyamus oder den tiefsten Raum für lustige Hingabe. So könnte man diesen Tag heute auch überschreiben.

Vorab eine kleine rachsidische Geschichte:

Wenn Seelen auf diese Welt kommen, gehen sie über eine Brücke, und jede Seele, die auf diese Welt kommt, weiß, bevor sie diese Brücke betritt, alles über alle Leben, die sie jemals gelebt hat und alles über das, was sie in ihrer Zeit im Himmel erlebt hat. Also, eine Seele, kurz bevor sie inkarniert, ist im Vollbewusstsein des absoluten Wissens. Sie weiß alles, und wenn sie diese Brücke betritt, kommt sie an einem Engel vorbei, und dieser Engel haucht ihr ins Ohr – vergiss! Und sie kommt auf diese Welt, und sie weiß erstmal nichts mehr. Sie hat manchmal so ein paar Ahnungen, und nach jahrelangen Reinkarnationstherapien, Trancen, Reisen, 95 homöopathischen Mittel etc., scheint sich manchmal so ein gewisses Mosaik wieder anzudeuten. Man trifft jemanden, schaut ihn an und weiß, ja mit dem schon 6.000 Jahre gelebt zu haben, verbunden zu sein,...etc., etc. etc..

Also, die Grundsituation, mit der der Mensch inkarniert auf diesem Planeten, ist, dass er vergessen hat. Er hat vergessen. Und was wir mit diesem Vergessen, sprich mit dem Gegenteil des Vergessens, zu tun haben, nämlich mit dem Erinnern, ist mir gestern noch mal in einem Gespräch mit einem sehr fitten Kollegen klar geworden. Schon vor langer, langer Zeit habe ich mal eine Übersetzung gelesen, ob sie denn stimmt, weiß ich nicht. Aber das ist ja mit den Geschichten sowieso zweitrangig. Wichtig ist, dass sie gut sind. Und diese Übersetzung fand ich einfach gut. Egal ob sie stimmt. Es war nämlich eine Übersetzung für das Wort Anamnese. Und diese Übersetzung hieß, Erinnerung an Zustände, die selbst vor dieser Inkarnation liegen.

Wenn jemand alles vergessen hat, nennt man das ja auch eine Amnesie. Und diese Anamnese war ein Prozess des Erinnerns. Und oft ist es ja so, dass wir gar nicht das Mittel letztendlich geben müßten, wenn die Anamnese gut war, wenn wir in der Anamnese wirklich geschaut haben, wo liegt das, was vergessen wurde, dann findet ja fast schon ein Heilschritt während dieser Anamnese statt. Also, da ist etwas vergessen worden und, dann gibt es scheinbar Techniken, Methoden, da wird erinnert.

Ich war gestern in Leipzig auf dem Homöopathietag und durfte einen Vortrag halten über mein Lieblingsthema. Die sexualökonomischen Hintergründe des Heuschnupfens. Spreche ich immer wieder gerne drüber, denn gerade unter den klassischen Homöopathen ist die Polinose so was von verbreitet ja, dass du auf irgendwelchen Miasmen-Kongressen im Juni die Hälfte der Mannschaft mit solchen Nasen siehst.  Wir werden bei Hyoscyamus begreifen, was das denn eigentlich soll, und ich muß auch ehrlich sagen, auch wenn ich jetzt innerhalb der Therapie geschworen habe, ich werde Lycopodianer immer nur zutiefst ehren, manchmal macht mir das dann auch wieder so ein bisschen Spaß, darüber zu reden.

Auf diesem Leipziger Homöopathietag war nach mir ein Homöopath, ein Lehrer, ziemlich bekannt, ziemlich erfolgreich, einer der großen Vertreter der miasmatischen Homöopathie in Deutschland, dran. Und irgendwie hatten wir einen ganz guten Draht. Während meines Vortrags hatte ich auch vermehrt Blickkontakt zu ihm. Er lächelte sogar ein paar Mal. Erfolgserlebnis des Tages, ein Miasmatiker lächelt. Jedenfalls hatte ich auch bei seinem Vortrag ein ganz liebes gutes Gefühl, auch wenn’s mir so ging, wie es mir bei diesen Vorträgen immer geht, ich verstand überhaupt nicht, was der da alles meint. Ich wußte zwar, da ist viel Wahrheit drin, aber das ist mir einfach in diesem Leben nicht gegeben, zu verstehen, bis jetzt jedenfalls noch nicht. Egal, wir hatten ein ganz schönes Gefühl zueinander, und er erklärte das miasmatische Denken an der Säftelehre des Hippokrates. Er erklärte nun diese Säfte, und er malte ein Tafelbild, und er sagte das mit der Galle und mit der Melancholie und was gibt es noch alles gibt. Hab ich auch schon wieder vergessen.

Jedenfalls es war ein wunderbares Modell. Ein wunderbares Bild. Und er sagte dann, dass diese Humoral- Pathologie die eigentliche Grundlage der Miasmen ist. Da sind Säfte vermischt, da gibt es einen Infektionsstoff und den müsse man eben eliminieren. Und in dem Moment hab ich an ein Buch gedacht, eines unserer großen deutschen Denker. Hans Blüher. Und Hans Blüher hat ein Buch geschrieben, Traktat über die Heilkunst.

Und viele Naturheilkundler berufen sich ja so auf den Hippokrates. Und da schreibt Hans Blüher, dass das große Schisma in der Medizin, das war, wo aus den Asklepiaden die Hippokratiker entstanden sind. Weil die Asklepiaden, die hatten es nicht mit den Säften und die hatten es auch nicht mit dem Infektionsstoff. Die Asklepiaden hatten es mit dem Erinnern. Weil die Asklepiaden noch wussten , dass der Mensch eigentlich nur krank wird, weil er vergessen hat und darum stand über ihren Tempeln: Erkenne dich selbst. Was nichts anderes heißt, erinnere dich daran, wer du bist. Erinnere dich daran, wie wir immer so schön sagen, bevor ich das wußte, hab ich das mal gechannelt, wie du gemeint bist. Erinnere dich daran, was deine Lebensaufgabe ist, erinnere dich daran, was deine Ressource ist, erinnere dich eigentlich einfach nur daran, in letzter Konsequenz, frei nach Ramana Harmashi, dass alles o.k. ist. Und dieses Erinnern war die Hauptaufgabe des asklepischen Arztes und nicht irgendwelche humoralpathologischen Lehren.

Asklepiaden sind Erinnerungshelfer.

Mein hochverehrter Arthur Braun schreibt in seinem Lehrbuch der Homöopathie zu den Grundsteinen der Heilkunst über Ägypten und da schreibt er, dass der Kranke in den Tempel geführt wurde, in Trance versetzt wurde, also die Trance als primäres Medium des Erinnerns. Bei Schamamen völlig klar, ohne Trance erinnere ich mich an kein Krafttier.

Und er schaute den heilen Gott und im Schauen des Gottes erkannte er, dass er selbst Gott ist und wurde geheilt.

Was machen wir mit Homöopathie. Wir erinnern uns an unseren archetypischen Kraftpol. Wir erinnern uns an unsere Lebensaufgabe und wir nähren das, was wir so lange vergessen haben. Also, Heilkunst des Erinnerns.

Einige von euch haben mit mir den zweiten Teil des letzten Samstages geteilt in der Friedrich- Werderschen Kirche,  wo wir das große Glück hatten, 2 Schamaninnen zu begegnen. Und die zweite Schamanin war etwa 70, kraftvolle Frau, so quadratisch etwas, unwahrscheinlich powervoll, mit großen Turban, friedlichen, freundlichen Mann neben sich. Die passten total zusammen. Sie hatte ein Hüftleiden, man merkte das auch, als sie aufstand und  erst mal ein Lied sang, und dann erzählte sie uns, dass sie 200 Generationen irgendwie Schamanen sind in ihrer Familie und dieser Hauch des Erinnerns durch diesen Raum wehte, und dann mit einem Mal sagte sie einfach, dass sie perfekt ist, dass sie einfach völlig perfekt ist, und das wisse sie auch, ab und zu würde dieses Wissen leicht erschüttert werden, wenn sie morgens vor dem Spiegel steht und die beneidet, die noch echte Zähne haben, so ungefähr, sinngemäß. Aber bis auf die Zähne, wisse sie, dass sie völlig perfekt ist und ich dachte Oh!      .

Was für eine Weisheit, was für eine Weisheit,.... und die hat sich einfach nur erinnert. Das, was Ramara Hamashi sagt, worum es hier sowieso nur einfach geht, uns zu erinnern, das es o.k. ist, dass wir Eins sind, etc. Und wenn wir uns mit der Zeit erinnern an uns, wer wir sind, an unsere Tafelrunde, an die, die da sitzen, an ihre Lebensaufgaben. Und wenn wir uns erinnern, wenn wir Hyoscyamus gekriegt haben, wie wertvoll wir sind, wieviel Freude und wieviel Lust und wieviel Narretei wir dieser Welt schenken dürfen, dann ist eigentlich Heilung eingetreten. Wenn ein Mensch unter Hyoscyamus sich an all das erinnert hat, dann wird er auf eine gewisse Art auch unverletzlich.

Ich möchte Hyoscyamus heute erarbeiten anhand einiger typischer Wahnideen und werde dann zu diesen Wahnideen immer einige Fälle erzählen, um das ein bißchen aufgelockert zu haben. Und ich fange mit der schönsten Wahnidee an, die Hyoscyamus hat und setze mein neues Arbeitswerkzeug dazu auf: diese Pappnase hier (Lachen im Raum). Also, nach Patch Adams ist diese Nase hier das wichtigste therapeutische Handwerkszeug, und ich kann euch wirklich sagen, da ist was dran. Ich habe sie jetzt immer auf meinem Schreibtisch zu liegen, und ihr glaubt nicht, wenn der Natrium-Patient nach einer Dreiviertelstunde sich immer noch hartnäckig weigert, mir die Wunderfrage zu beantworten, (Natrium-Leitsymptom – Wunder gibt’s nicht, selbst eine gewisse Beschwerdelosigkeit muß man sich hart erarbeiten, außerdem ist Leid ja sinnvoll. Wie sollen wir uns ohne Leid weiterentwickeln), dann höre ich zu, ich versuche ja nicht zu widersprechen. Und irgendwann greife ich auf meinen Schreibtisch und setze einfach die Nase auf, und ihr glaubt gar nicht, wieviel Fröhlichkeit mit einem Mal da ist, und schon fängt der Patient an, wundersam loszulegen. Das ist immens.

Oder letztens habe ich es in der Berliner Bank probiert. Zehn miesepetrige, stirnzerknautschte Charlottenburger Jungjuppies standen vor mir am Schalter, und ich kam gerade aus unserem heiteren Büro, stellte mich in die Reihe und dachte, ne, das überlebe ich nicht. Was habe ich gemacht, ich habe einfach die Nase aufgesetzt. Und schon lächelten sie. Zwei sprachen mich an, wo ich denn gerade herkomme, und ich habe einfach gesagt, aus der Heilpraktikerschule da drüben. Ich bin der Leiter dieser Heilpraktikerschule. Das war echt total nett. Das war ganz nett. Der Bankbeamte verzählte sich sofort. Also, ich empfehle das auch morgens in der U-Bahn, Linie 1.

Hyoscyamus ist das einzige Mittel in der Rubrik Wahnidee: Ist ein Narr. Wer Patch Adams gesehen hat, der denkt, wie kann man denn anders Therapie machen als närrisch. Aber ich weiß, dass das mal eine Beleidigung war, die mich zwei Tage in Depressionen gestürzt hat, als ich eben noch nicht Hyoscyamus genommen hatte und noch nicht erkannt hatte, wie wichtig die heiligen Narren sind, wie die Griechen sagen, die Agiostrelli, die heiligen Narren. Ich habe meine ersten öffentlichen Vorträge gehalten, und irgendwann kam jemand zu mir und sagte: Ach du, ich habe mit dem Doktor Sowieso gesprochen, berühmter Homöopath, und habe ihm gesagt, dass ich bei dir im Seminar war, und der kennt dich, und ich war schon ganz stolz, Herr Dr. Sowieso kennt mich. Mein Gott, ist ja fast wie Abitur nachmachen.

Jedenfalls war ich ganz stolz, dass dieser Doktor mich kannte, und dann sagte der Mensch, der ihn gefragt hatte, ja der hat gesagt, du bist der Rudi Carell der Homöopathie.

Das stürzte mich damals noch eine Woche in Depressionen. Jedenfalls hatte mich dieser Rudi Carell getroffen. Hätte er gesagt, ich bin der Mitscherlich der Homöopathie, der Markuse der Homöopathie, irgendwie so was ja, aber nein, Rudi Carell. Ich rannte natürlich sofort zu meinem Therapeuten am nächsten Tag und sagte, ja, bin beleidigt worden, und diese Bösen, und keiner liebt mich und jammerte ihm irgendwie pulsatillerisch was vor, und er sagte, nun bleib doch mal ruhig, jetzt desinfiziere dich doch mal mit deinem ganzen Kinderschmerz und dann laß uns doch mal Rudi Carell angucken. Was fällt dir denn so zu Rudi Carell ein? Tja, meine Mutter lacht und weint und macht sich in die Hose, wenn sie den sieht. Sagt er: und was ist daran schlecht, wenn deine Mutter fröhlich ist? Ne, ich hab das gerne, wenn meine Mutter fröhlich ist. Ja und was fällt dir noch ein? Oh, der verdient total viel Schotter.

Ja, was ist daran schlecht? sagt der Therapeut. Überhaupt nichts. Der kriegt für eine Fernsehsendung soviel wie ich im Jahr verdiene. Sagt er: würdest das gerne haben? Sag ich: Aber natürlich. Dafür mach ich im Fernsehen alles. Dafür moderiere ich auch Peep. Also, das ist mir völlig egal. Du, würde ich auch machen. Ich hab zum Glück wenig caustische Anteile. Mit diesen moralischen Geschichten mußte ich mich zum Glück nicht so auseinandersetzen. Außerdem spreche ich mindestens so gut deutsch wie Verena Feldbusch.

Und dann arbeitete der Therapeut eine Stunde lang mit mir psychosynthetisch über Rudi Carell. Und da kam dann dabei raus, dass Rudi Carell  mit Abstand der erfolgreichste Fernsehmanager damals war. Dass seine Shows mit Abstand die höchsten Einschaltquoten hatten, und zum Schluß sagte ich, also hat der Herr Dr. mir eigentlich ein Kompliment gemacht. Eigentlich ist es ein Kompliment. Und seit dem hab ich meinen inneren Rudi Carell an meiner Tafelrunde, und heute morgen habe ich ihn auch ganz bewußt eingeladen und hab ganz bewußt zu ihm gesagt, du, komm mit, steh mir heute bei. Heute möchte ich die Leute auch ein bißchen durch Hyoscyamus belustigen.

Was macht ein Narr? Er macht heiter. Er macht aber heiter oft auf eine ernste Art und Weise, und er erinnert uns, ich würde mal sagen, an unser letztes innerstes Lachen. In meiner traurigsten Lebenssituation, nach dem Verlust meiner Tochter, bin ich eines Abends schlafen gegangen und hab meinen damals von mir sehr kritisierten Gott gefragt: Warum tust du uns Menschen das alles an? Warum machst du das mit uns? Warum quälst du uns so? Warum? Ja, laß doch deinen Sadismus woanders.

Ich hatte nicht mal gehofft, dass dieser Gott sich meldet. Aber in dieser Nacht erschien mir diese von uns gegangene Tochter. Sie war etwas größer, sie war etwas älter. Sie ist mir danach nach öfters erschienen. Sie wirkt immer relativ streng in diesen Träumen. Sehr apodiktisch. Und sie sagte zu mir: Ihr Menschen, ihr kleinen Menschen, was bildet ihr euch überhaupt ein, wozu ihr überhaupt da seid. Ihr habt nur eine einzige Aufgabe, eine einzige und die ist, unseren traurigen Gott lustig zu stimmen. Ihr seid Narren Gottes. Mehr nicht. Punkt. Und dann guckte sie mich an und sagte, aber auch nicht weniger.

Und wenn ich meine geliebten Chrasiden lese, dann kommen wir immer wieder an dieses Thema, dass die Freude und die Heiterkeit der Chrasiden auch dazu dient, ihren einsamen und sich nach seinen Menschen sehnenden Gott heiter zu stimmen. Ich habe gerade, aber vielleicht ist das auch bei Hyoscyamus o.k., gegen ein kleines Gesetz verstoßen, was sich unter Hyoscyamus mit meinem Therapeuten aufrichtete, dass ich nämlich nicht mehr so viel von mir erzähle.

Hyoscyamus, ich habe 20 % an meiner Tafelrunde, es ist eines meiner stärksten Anteile, hat ein Symptom. Ich versuch es mal auf englisch, to expose the person, es muß heißen, er stellt sich bloß, himself. Also, Hyoscyamus, das macht der gar nicht bewusst, stellt sich oft bloß. Erzählt ganz oft, ganz viel von sich und denkt sich dabei nichts. Das macht der nicht, also heute weiß ich schon mal, wenn ich die Leute zum Lachen bringen will, aber normalerweise ist das wirklich so, mir geht es auch so, auch wenn es vielleicht manchmal anders aussieht, dass ich das nicht bewußt mache. Ich mache tatsächlich keine Versprecher bewußt, worüber alle lachen und denken, jetzt hat der Krüger wieder einen Joke gemacht und tut so, als wenn er kein deutsch sprechen kann. Das passiert denn einfach in dem Moment.

Und unter Hyoscyamus hat mein Therapeut mal zu mir gesagt, Herr Krüger, es ist nicht schlimm, wenn wir von uns erzählen, bloß wir müssen damit umgehen lernen, und wenn sie nicht wollen, dass irgendwie alle Leute, die es nicht gut meinen, immer sagen, sie sind ein Narr, dann müssen Sie sich überlegen, wem sie ihre Witze erzählen. Und auf Anraten meines Therapeuten habe ich damals angefangen, Erlebnisse von mir einfach in Patientengeschichten zu packen. Und ich kann allen Vortragenden teilweise dazu raten, weil es hat eine Schutzfunktion.

Wenn ihr vor einem solchen Publikum steht, nicht in diesem Haus, da fühle ich mich wirklich, den wievielten Sonntag haben wir heute, den 62. Sonntag, da fühl ich mich ziemlich sicher und geborgen, aber wenn ihr vor irgend einer Veranstaltung steht mit relativ Fremden und ihr erzählt eine Stunde primär von Euch, dann kann das, ja, Flächen bieten, wo nicht nur Liebe und Anerkennung hängen bleiben.

Hyoscyamus muß lernen, mit dem Sichzeigen selektiver und sich selbst schützender umzugehen.

Und ich weiß, dass ich es nicht nur für mich tun muß, sondern auch für meine Lieben, damit die nicht hyoscyamuskrank werden müssen. Weil, ich kenne das sehr wohl, mich zum Beispiel zu schämen für Menschen, die mir lieb sind, und Hyoscyamus ist das wichtigste Mittel für die Folge von Scham. Entweder für sich selbst, ich habe mich oft für mich geschämt oder für Leute, die sich für jemand schämen. Wie oft hab ich mich dafür geschämt, wenn mein Vater auf einer Fete zu laut gesungen hat, was eher Medorrhinum ist. Aber ohne, dass meine Tochter mich einmal hat singen hören, sagt sie noch heute, wenn wir auf eine Fete gehen, Papa du singst aber nicht. Also, Scham läßt sich sogar systemisch erleben und systemisch weitergeben.

Scham, schamlos, sich zeigen, und diese Nase ist nichts anderes als eine gewisse Schamlosigkeit des sich Zeigens. Denn wofür steht denn diese Nase eigentlich. Darüber habe ich lange gestern in Leipzig referiert. Sie ist eine Reflexzone unserer Genitalorgane, und wer sich eine solche Nase aufsetzt, zeigt eigentlich sein Intimstes.

Hyoscyamus-Fall eines jungen Mannes, der im zarten Alter von 32 Jahren von einer Phobie geheilt worden ist, nämlich sich nicht nackt zeigen zu können. Ich fragte ihn, wie das denn begann, und er sagte, weiß er nicht, kann er sich nicht vorstellen, aber er hat aller größte Schwierigkeiten, in der Sauna, also er kann’s nicht, selbst wenn er mit einer Frau zusammen ist, und das läuft alles wunderbar und prima, keine Errektionsstörungen nichts, alles toll, aber Licht muß aus sein. Sie darf ihn nicht sehen. Und ich fragte gleich, gibt es denn da irgendwelche Probleme, ist er zu klein? Dachte an Barium oder so, Wahnidee – Penis ist zu klein. Nee, etwas größer. Seine Augen funkelten ohne Frage und ich sagte, aber was ist denn da los und denn erzählte er mir eine sehr berührende Geschichte.

Er erzählte mir nämlich, dass er auf einer Fete war im zarten Alter von 5 Jahren, und er hatte Lederhosen an, wie man sie damals trug und es war eine Fete, wo der Bruder seiner Mutter seine neue Frau, sprich seine Familie den Eltern seiner neuen Frau vorstellte. Die Familie des Onkels des Patienten, eher Arbeiterschicht, die Familie der neuen Frau etwas wohlhabender. Leichte Charlottenburger Aristokratie. Und sie kamen alle, hatten sich alle mal ordentlich angezogen, wie das so ist. Er hatte seine neue Lederhose an und denn kam diese Schwiegermutter in spe und sagte zu dem Jungen, also du hast aber abstehende Ohren und der Junge guckte sie an, griff in seine Hose, in das Hosenbein, holte ihn raus und sagte, dafür hab ich aber einen schönen langen Puller.

Die Gesichtszüge entgleisten, die Familien bekamen rote Köpfe, eine Viertelstunde herrschte narkotisiertes Schweigen, und der Junge hatte das ganz starke Gefühl, er hat einen Fehler gemacht.  Der hatte echt einen Fehler gemacht, und seit dem durfte ihn keiner mehr sehen.

Nach Hyoscyamus ging er 2 Tage später in die Sauna. Was wird dieser Junge noch erlebt haben? Er wird erlebt haben, dass ihn vielleicht seine Eltern verraten haben in dieser Situation. Ich zeige mich und jemand anders sticht mir das Messer in den Bauch. Ich zeige etwas, worauf ich unheimlich stolz bin und wenn es der lange Puller ist. Und irgendjemand guckt mich an und sagt zu mir: du alte Sau. Lieblingsprogrammierung von Hyoscyamus: Wahnidee – ist eine Sau. Erlösung, wir erinnern uns daran, dass wir auch heilige Säue sind. Eine der schönsten Erinnerungen, zu denen wir Menschen in der Lage sind.

Ja, wie fühlt sich dieser Junge, dem das passiert ist? Er fühlt sich verraten. Wahnidee – ist verraten. Hyoscyamus, wichtigstes Mittel.

Nächste Wahnidee. Wahnidee – ist verkauft worden. Sprich, Wahnidee oder Realität – verkauft sich ständig selbst. Zur Wahnidee ist verkauft worden, ein schöner Fall.

Ich darf ja zweimal im Jahr Homöopathiekurse machen bei meinen geliebten Griechen, die mindestens so exhibitionistisch sind wie ich, darum vertragen wir uns so gut, und ich mache auch von Zeit zu Zeit für sie Supervision, wenn sie Fälle haben, wo sie mit ihrer wunderbaren vithoulkasschen Homöopathie nicht weitergekommen sind, und sie stellen mir ein Mädchen vor, 9 Jahre. Dieses Mädchen ist sehr gestört, spricht fast nicht, geht nicht unter Menschen, sehr ängstlich und sie haben ihm schon 35 Mittel gegeben in den letzten 3 Jahren, und nichts hat geholfen.

Man denkt daran, dass dieses Mädchen auf eine Hilfsschule muß, man weiß nicht was man machen soll, weil dieses Mädchen ist völlig verstört, völlig verstört. Das Mädchen lebt bei einer Familie, die nicht seine leiblichen Eltern sind, reiche Griechen, und diese Griechen haben dieses Mädchen auf dem Bahnhof von Thessaloniki gekauft. Ich spreche jetzt nicht von irgendwie Burundi oder etc., ich spreche vom Bahnhof von Thessaloniki. Am Bahnhof von Thessaloniki werden Kinder verkauft, Punkt. Dort kommen primär aus Rumänien Kinder, die werden von Rumänen oder anderen in Rumänien z.B. lebenden Leuten dahin gebracht, inzwischen ist der Albaner-Markt nicht minder aktiv, wobei die Albaner eher so als Haussklaven in Griechenland gehalten werden, wobei das ist ja bei den Griechen beste Tradition. Weil die Griechen schon immer eine Sklavenhaltergesellschaft waren. Also, diese Demokratie, die wir hier besingen, war etwas für eine kleine Elite, der Rest des griechischen Staates waren Sklaven. Das darf man nicht vergessen.

Diese Pflegeeltern hatten versucht, eine normale Adoption zu kriegen, was in Griechenland sehr schwierig ist, weil du mußt so viele Beamte spicken, und es dauert so furchtbar lange, also, ja fast unmöglich, und dann sind sie an diesen Bahnhof von Thessaloniki und haben sich, ich glaube für einen Gegenwert von 20.000, -- DM das Kind gekauft.

Was ist eine Wahnidee, in unserem Fall eine nackte Realität: sie ist verkauft worden. Sie ist verkauft worden, und ihre Familie ist nicht ihre Familie.

(Fortsetzung in BHN 2/ 2000)

 

aus: berliner heilpraktiker nachrichten

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