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Helmut Magel

Überlegungen zu Yang Ming, der schließenden Yang-Schicht

 

In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Qualifizierung der Yang-Ming-Schicht als "Schließende Schicht" hat. Zugleich werden verschiedene Zusammenhängen anhand klassischer Texte aufgezeigt, die sich aus den Funktionen der zum Yang Ming gehörenden Hohlorganen Magen und Dickdarm und deren Leitbahnen ergeben.

Die Zang und Fu (Speicher- und Hohlorgane) sind den Fünf Wandlungsphasen (Wu Xing) Wasser, Holz, Feuer, Erde und Metall zugeordnet. Im System der Zwölf Leitbahnen werden die Zang und Fu unter einem anderen Aspekt betrachtet. Damit unterscheidet sich die Theorie der Meridiane als gekoppelte 3 Yin und 3 Yang von der Theorie der Wu Xing, der Fünf Wandlungsphasen ("Fünf Elemente"), und ergänzt sie. Historisch sind die diesbezüglichen Theorien auch in unterschiedlichen Zeiten entstanden.
Wenn man die Zang und Fu unter dem Gesichtspunkt der Fünf Wandlungsphasen betrachtet, sind sie bekanntlich über ihre Innen-Außen-Beziehung, den Sheng- bzw. Hervorbringungs-Zyklus sowie den Ke- bzw. Bändigungs- oder Kontroll-Zyklus physiologisch miteinander verbunden.
Eine andere Betrachtungsweise ist die der Sechs Energie-Schichten (Liu Jing), denen die 6 himmlischen Energien zugegeordnet sind. Sie sind von der Oberfläche in die Tiefe gestaffelt wie Schalen einer Zwiebel oder wie Türen, deren bestimmende Momente das Scharnier, die Außen- und die Innenseite des Türblattes sind. Das Netzwerk der Meridiane kann mit einem Kanalsystem verglichen werden, das unterschiedliche Regionen des Körpers topografisch miteinander verbindet und zugleich alle Zang und Fu mit Qi und Blut versorgt.
 


 
"In den Hauptmeridianen zirkulieren Energie und Blut unaufhörlich. Ähnlich haben auch die Bahnen der Gestirne am Himmel keinen Anfang und kein Ende, und die Wasserströme der Erde fließen ebenfalls endlos dahin. Man kennt am Himmel außergewöhnliche Erscheinungen: Sonnen- oder Mondfinsternisse. Es gibt auf der Erde plötzlich hereinfließende Wasserfluten; es gibt Trockenheit oder Mißernten in der Landwirtschaft. Auch finden sich blockierte Straßen, so daß die Menschen nicht mehr von Ort zu Ort reisen können. Etwas ähnliches gibt es beim Fluß von Blut und Energie im menschlichen Körper" (Ling Shu, 81).

 

Yang Ming ist das Schließende
Der Begriff Yang Ming heißt etwa "Helle", "Klarheit" des Yang = das Strahlende, die Helligkeit, zusammen etwa "die überstrahlende Sonne". Im Yang Ming überlappen sich Tai Yang und Shao Yang. "In ihm ist die Yang-Energie der Wärme am stärksten" (Ling Shu). Die Yang-Ming-Schicht entspricht der Innenseite der drei Yang-Schichten und ist damit am meisten Yin von allen Yang-Schichten. Yang Ming funktioniert wie ein Verschluß (He), der einerseits das Yin vor Verletzung schützt, und andererseits das Tai Yin (Milz - Lunge) stärkt, mit dem es über die Innen-Außen bzw. Zang-Fu-Koppelung verbunden ist.

Yang Ming vereint die Funktionsbereiche Dickdarm und Magen. "Der Magen fungiert als Beamter der öffentlichen Kornkammern, der die Fünf Geschmäcker zur Verfügung stellt; die unteren Därme fungieren als Beamte, die den rechten Weg des Lebens propagieren" (Su Wen, Kap. 8). Die Yang-Energien des Yang Ming kommunizieren mit dem Yin und bringen die Yin-Energien des Tai Yin zum Fließen. Das Yang Qi wird über Yang Ming im Inneren gespeichert. Diese Funktion korrespondiert mit dem mittleren San Jiao. Der Magen ist der Ort, an dem der San Jiao genährt wird. In einigen Theorien stellt der Magen auch das materielle Substrat des San Jiao dar. Wie dieser ist der Magen in drei Bereiche gegliedert.
Zhong Wan bedeutet die Mitte des Magens und ist zugleich der Name des 12. Akupunkturpunktes des Ren Mai und der Mu-Punkt (Alarm-Punkt) des Magens. Die obere Kammer des Magens nimmt die Nahrung auf, die untere senkt den Treber (die Rückstände) nach unten ab. Die mittlere Kammer (Zhong Wan) des Magens hält "die Fünf Geschmäcker" fest und speichert. Ihre Behandlung erfolgt über den Punkt seitlich des Nabels, den Mu-Punkt des Dickdarms, Tian Shu, Ma 25. Der Name bedeutet "Himmlische Achse" und bezieht sich auf die Linie Ma 25 - Ren 8 (Nabel) - Ma 25. "Die Region oberhalb von Tian Shu wird vom Qi des Himmels, die Region unterhalb wird vom Qi der Erde beherrscht. Der Ort, an dem beide zusammenkommen, ist der Ursprung des Menschen und aller Wesen" (Su Wen, 74). Tian Shu ist der topografisch am "tiefsten" gelegene Punkt, der "Tian" (Himmel) im Namen trägt.
So stellt Yang Ming die Grundlage der Umwandlung (der Nahrung) dar, die Quelle der verwandelnden Entstehung allen Qi_s (Odem / Breath). Das Schließende des Yang Ming ist die Kraft, die beharrlich festhält und speichert.
Es heißt aber zugleich, daß die Hohlorgane (Fu) nicht speichern, sondern nur umwandeln und weiterleiten (Chuan Hua). Hier nimmt der Magen eine gewisse Ausnahmestellung ein. Denn "für die fünf Zang und sechs Fu hat der Magen (Fuß-Yang-Ming) die Funktion eines Meeres" (Ling Shu). Insofern er für die fünf Zang die Quelle der Essenz und des Qi ist, Essenz und Qi (Jing Qi) notwendigerweise aber im Inneren gespeichert werden, insofern wird hier von der Speicherfunktion des Magens gesprochen. In diesem Zusammenhang wird vom Magen als einem "Meer der Nahrung, der Säfte und Getreide" gesprochen. Dieses und die drei anderen "Meere" dienen als Reservoire der Essenz und Energien.


 

Auf- und Absteigen der Energien
Yang Ming und Tai Yin haben eine Biao-Li-Beziehung (Su Wen, 29). Die Beziehung zwischen Himmel und Erde gibt das Modell für diese Beziehung: Li ist Yin und innen, Biao ist Yang und außen. Um in Kontakt zu bleiben und sich auszutauschen, muß das Yin zum Yang hin wandeln und das Yang zum Yin hin. So hat der Himmel (Yang) genügend Yin, um Regen nach unten zur Erde zu schicken und die Erde zu befeuchten, während die Erde (Yin) genügend Yang-Potential besitzt, um Dampf nach oben aufsteigen zu lassen, damit sich Wolken bilden.
Die Bewegungsrichtung von Milz und Magen ist gegensätzlich: Die Energie der Milz (Yin) steigt auf, wofür sie Yang benötigt, die Energie des Magens (Yang) steigt ab, wofür er Yin benötigt. Die Organe der Erde stellen die zentrale Achse dar, was Auf- und Absteigen betrifft.
Himmel und Erde spiegeln sich im menschlichen Körper wieder, weshalb das menschliche Wesen absteigenden und aufsteigenden Bewegungsrichtungen unterliegt. Die Yang-Meridiane der Beine steigen ab (Yin-Bewegung), die Yin-Meridiane der Beine steigen auf (Yang-Bewegung). Aufsteigen und Absteigen gehört zu den Aufgaben der Zangfu. Die Leitbahnen stellen sowas wie Relais-Stationen dar, die den Impulsen der Zangfu gehorchen und sie weitergeben.
Die Zang und Fu sind gegensätzlich: Die Zang sind "voll", wenn sie gesund sind, sie können nur Reines speichern. Die Fu sind leer und nur zeitweise voll.

Hier ist eine Anmerkung zu machen. Jing Qi wird von den Zang gespeichert, gehalten, es darf nicht verlorengehen, weil es lebensnotwendig ist. Insofern sind die Zang, Gesundheit vorausgesetzt, "voll". Der chinesische Begriff für diese Vollheit ist jedoch nicht Shi (Fülle), sondern "Man", voll in einem feineren Sinne, nämlich voll mit Essenz und Qi, mit Reinem und den Shen-Aspekten (Hun, Po, Yi usw.). In diesem Sinne können die Fu nicht "voll" (Man) sein.

Die Fu sind von Natur aus leer und in gesundem Zustand nur zeitweise voll mit unreinen Energien. Die Fu "halten" somit Unreines (Yin) und sind deshalb mehr Yang, geben aber ihren Inhalt weiter. Die Zang sind Yin, enthalten aber nur Reines (Yang), deshalb enthalten sie Shen, was sie von den Fu unterscheidet. So gehören die Zang zum Himmel, die Fu aber zur Erde. Das Jing der Zang steigt auf, die trübe Energie der Fu steigt ab. Dadurch, daß die Meridiane nur den Impulsen gehorchen, können sie nur der Natur der ihnen zugeordneten Zangfu folgen. Deshalb steigt die Energie der Yin-Meridiane auf, die der Yang-Meridiane ab.
Yang Ming ist für die innere Bewegung und absenkende Verteilung des Qi zuständig. Die physiologische Bewegung des Magen- und Dickdarm-Qi_s geht nach unten. Zugleich kontrolliert sie damit das Eintreten der Energie in die Mitte. Der Magen nimmt auf und gibt einerseits an die Milz und andererseits an den Dickdarm weiter. Yang Ming ist das Ausgleichsreservoir der Energie aller Zang und Fu.

Schließende Funktion des Yang Ming und Jue Yin
Wie es das Öffnende sowohl in den drei Yang- als auch in den drei Yin-Schichten gibt, so gibt es auch jeweils ein Schließendes. Das Öffnende sind Tai Yang (Dünndarm - Blase) und Tai Yin (Lunge - Milz). Die Schichten, die zwischen außen und innen liegen, sind Shao Yang (3Erwärmer - Gallenblase) und Shao Yin (Herz - Niere). Das Schließende im Yang-Bereich ist die Yang-Ming-Schicht, das Schließende im Yin-Bereich ist das Jue Yin.
Yang Ming ist die Schicht, in der die Umwandlung des Qi ihren Ursprung hat. Hier ist mit "Qi" die vitale Energie jedweder Form gemeint. So wie es im Ling Shu, Kap. 30, über die Energie-verteilung im Körper heißt: "Die sechs Qi des menschlichen Körpers sind
- Jing (Essenz),
- Qi ("Energie"),
- Jin (klare Säfte),
- Ye (unklare Säfte),
-  Xue (Blut) und
- Mai (Gefäß- und Puls-Energie)."
(Claude Larre und Elisabeth Rochat de la Vallee übersetzen das chinesische Zeichen "Qi" stets mit engl. "Breath", so wie Guido Fisch von "Odem" spricht. Vielleicht ist dies doch eine treffende Sprachregelung. Denn Yang Ming ist ja gleich voll von Qi und Blut. Als Quelle von "Odem" (Breath) ist es zugleich die Quelle von "Qi" und "Xue", und beides fließt gleichermaßen in seinen Gefäßen.)

Die Jue-Yin-Schicht (Leber - Perikard) ist die Schicht, in der das struktive Xue gespeichert, zusammengehalten und zugleich dynamisiert wird. Die Perikard-Leitbahn verläuft innen von Tian Chi, Pe 1, zu Dan Zhong, Ren 17, und weiter über Zhong Wan (Mitte des Magens), Ren 12 , um sich mit dem Magen-Hohlorgan zu verbinden. Das Holz (Leber) wird vom Wasser (Niere) genährt und gibt seine Energie weiter an die Herzhülle (Perikard), die als Minister die Regungen und Kräfte des Herz-Feuers (Shen) im ganzen Körper verteilt. So kann das Herz als Kaiser über den Mikrokosmos herrschen und nach unten zu Erde und Metall wandeln und sich dadurch an den unterschiedlichen alchimistischen Prozessen im Körper beteiligen.

Insofern Yang Ming reich an Blut ist, beruht die Schließfunktion des Jue Yin auf Yang Ming. Ist Blut in Fülle vorhanden, wird auch die konstellierende Kraft Shen bewahrt; denn Shen sammelt sich im Leeren (Xu) und verweilt im Vollen (Man). Ist Qi ausreichend vorhanden, dann kann auch genügend Xue im Inneren gespeichert werden. Kann die Leber jedoch nicht genügend Xue sammeln, sodaß die Energien des Funktionskreises Perikard/Kreislauf Störungen bewirken, dann muß die Quelle der Umwandlung im Yang Ming gestützt und ergänzt werden. Dann kann sich Xue in der Leber sammeln und das Feuer des Perikard von selbst in die Schranken zurückkehren. Dies entspricht dem Satz, daß mit einer Schließung des Yang Ming auch eine Schließung des Jue Yin erfolgt.

Unter "Schließmechanismus" versteht man die Funktionen der Assimilation, Speicherung und Verwertung der Energien. Ist der Schließmechanismus defekt, so wirkt sich dies zwangsläufig auf die Assimilation im menschlichen Organismus aus, d.h. es kommt zu einer Störung der speichernden Funktionen. Innerhalb der Yang-Ming-Schicht ist das Metall (Dickdarm/Trockenheit) dominant, weshalb die Yang Ming-Schicht durch Trockenheit besonders schnell geschädigt werden kann. Es kommt zu Blut-Leere oder Flüssigkeitsverlusten, die sich durch trockenen Mund und Durst bemerkbar machen. Der Feuchtigkeitsaspekt der Erde (Magen) gleicht den Trockenheitsaspekt des Metalls (Dickdarm) innerhalb der Schicht aus. Der Magen produziert die Säfte, sammelt Säfte, ernährt das Innere.
Es gibt eine bekannte Punktkombination zwischen Yang Ming und Jue Yin: Die Nadelung der "vier Schranken" (Si Guan) über He Gu, Di 4, und Tai Chong, Le 3. He Gu bringt das Yang Ming in Bewegung nach unten. Die Wirkung "kondensiert", verdichtet, yinisiert das Yang Qi (Metall: Herbst als absteigende Bewegung zum Yin).

Die Yang-Leitbahnen (d. h. die über Fuß und Hand gekoppelten Yang-Meridian-Leitbahnen wie z. B. Dickdarm - Magen) beginnen an den Händen. Stellt man sich den Menschen mit erhobenen Händen stehend vor, so empfangen die Yang-Leitbahnen das Yang von oben, vom Himmel (Yang). Dieses Yang wird als Yang-Feuer mit der absteigenden Wirkung des Metalls (Atmung) nach unten hin kondensiert und dadurch in Bewegung gebracht.
Tai Chong, Le 3, bringt das Yin und Xue über Jue Yin (Leber - Perikard) nach oben in Bewegung. Die Wirkung aktiviert die Yin-Energien. Das Yin wird nach oben hin gewandelt, das Yang nach unten hin umpolarisiert. Tai Chong und He Gu haben eine Qi und Xue regulierende, stark tonisierende und lösende Wirkung. Die Kombination wirkt beruhigend und entspannend. Zur Minderung akuten schweren Hochdrucks wird empfohlen, zusätzlich Bai Hui, Du 20, und Yong Quan, Ni 1, zu nadeln.
Am Rande sei vermerkt, daß Dickdarm und Leber verbunden sind über den 7. (Yi) und 2. (Geng) Himmelsstamm (in der paarweisen Anordnung der Zang und Fu entsprechend dem physiologischen Ke- bzw. Bändigungs-Zyklus im Lo-Shu-Quadrat). Benützt man Punkte des Dickdarm-Meridians, kann es günstig sein, sie mit einem oder zwei Punkten des Leber-Meridians auszugleichen, um der Bändigung der Leber (Holz) via Ke-Zyklus durch den Dickdarm (Metall) entgegenzuwirken.

Die vier Meere und die Magen-Leitbahn
"Für die fünf Zang und sechs Fu hat der Magen (Fuß-Yang-Ming) die Funktion eines Meeres: Er besitzt von allen das größte Fassungsvermögen. Von allen zwölf Meridianen hat der Fuß-Yang-Ming den größten Puls und am meisten Energie; gleichzeitig steuert er die größte Blutmenge. In ihm ist die Yang-Energie der Wärme am stärksten" (Ling Shu).
Neben diesem "Meer der Nahrung, der Säfte und Getreide" gibt es noch drei Meere, die im Ling Shu, Kap. 33, beschrieben werden:
- das "Meer der Nahrung, der Säfte und Getreide"
 (Einfluß-Punkt Ma 30; Ausflußpunkt Ma 36)
- das "Meer der Meridiane", zugleich das "Meer des Blutes" = Chong Mai
 (Einfluß-Punkt Bl 11; Ma 37 und 39)
- das "Meer der Energie" = Dan Zhong, Ren 17
 (Einflußpunkt Du Mai 13 und 14; Ausfluß-Punkt Ma 9)
- das "Meer des Knochenmarks" = Gehirn
 (Einflußpunkt Du Mai 20; Ausfluß-Punkt Du 16).

Drei der vier Meere sind direkt mit der Magen-Leitbahn über Ein- und/oder Ausflußpunkte verbunden. Diese Punkte übertragen und vermitteln Blut und Qi zu den Gefäßen hin. Die Punkte des Magen-Meridians verbinden den oberen, den mittleren und unteren Erwärmer mit den Meeren. Selbst das Meer des Knochenmarks ist mit dem Magen-Meridian - wie alle Yang-Meridiane - über einen inneren Zweig verbunden.

So gelangt über Qi Chong, Ma 30, die postnatale Essenz über Chong Mai ins Nieren-Jing. Der Chong Mai ist auch der See aller Zang und Fu, so wie dieser wird auch der Magen der See der fünf Zang und sechs Fu genannt. Wird also der Magen gestärkt (korrektes Essen; richtiges Atmen vorausgesetzt), so kann der Status Quo der Jing-Energie erhalten werden. Die Wurzel der Nieren- und Magen-Funktionen und somit die Wurzel der vor- und nachhimmlischen Energie ist die besondere Funktion des Chong Mai. Der Magen ist das einzige Eingeweide-Organ in der Reihe der vier Meere, und es ist in der Tat ein Hohlorgan (Fu), weil es von außen Nahrung aufnimmt und den Prozeß der Transformation, Verdauung, Assimilation und die Destilla tion der Essenz einleitet. "Aus den Lebensmitteln entsteht die vorzügliche Lebensenergie (Jing). Dieses Jing verteilt sich in den vier Meeren des Körpers und ernährt den ganzen Organismus" (Ling Shu, 36).
"Die Lebens-Energie stammt aus der Verdauung der Nahrungsmittel. Der Magen steht also bei der Ernährung  und Verdauung an erster Stelle. Aus dem Magen stammen letzten Endes die Energie und das Blut, die dazu dienen, den genzen Organismus zu ernähren. Dieser Prozeß verläuft ähnlich wie das Verdampfen des Meerwassers, das durch intensive Sonnenbestrahlung zum Himmel aufsteigt und als Regen wieder zur Erde zurückfällt" (Ling Shu, 60). Die Meere sind Regionen des Austauschs zwischen Himmel und Erde. Die Energie der Erde steigt nach oben zum Himmel, bildet Wolken, die abregnen und ihrerseits wieder Flüsse bilden.

Der Magen nährt Zong Qi
Der Himmel ernährt den Menschen mit den 5 Qi der Erde (5 Geschmäcker - Wei). Die Nahrung dringt in den Magen ein und wird gewandelt in drei verschiedene Teile, die auf drei verschiedenen Pfaden fließen (Ling Shu, 56):
a) Säfte. Sie enthalten die fünf Geschmacksrichtungen, die aus den Speisen freigemacht und von der Milz verteilt werden.
b) Treber. Das sind die Abfallstoffe, die nach unten über den Darm ausgeschieden werden. "Einmal ist der Magen aufgefüllt, dann sind die Därme leer. Wenn die Därme aufgefüllt sind, dann ist der Magen leer. Weil sich Leere und Fülle ablösen, kann das Qi auf- und absteigen" (Nei Jing).
c) Zong Qi, das in der Mitte der Brust (Dan Zhong, Ren 17) gesammelt wird: Ein Teil steigt nach oben, kommt in den Lungen hervor, verbindet sich mit der Herz-Leitbahn, folgt Hals und Rachen und kontrolliert Einatmung und Ausatmung. Zong Qi benötigt aber die ständige Nährung durch feste und flüssige Nahrung, um seine Aufgaben zu erfüllen. Zong Qi ist eine Synthese aus Nahrungs- und Atemenergie, jedoch keine Mischung, sondern eine Verbindung beider Essenzen.
Der obere Erwärmer gibt den Anstoß zur verbreitenden und verteilenden Bewegung, damit das Ying Qi von den Lungen zu den 5 Zang und 6 Fu fließt. Da der Atemvorgang seinerseits Energie benötigt, wird das Qi allmählich schwächer (Shuai), wenn man sich einen halben Tag lang nicht ernährt. Nimmt man einen ganzen Tag lang keine Nahrung zu sich, dann wird das Qi sehr schwach (Ling Shu, 56). Dies unterstreicht die diätetische Notwendigkeit, regelmäßige Mahlzeiten am Tag zu sich zu nehmen.

Der Magen und seine fünf Öffnungen
Der Magen ist die große Kornkammer (Da Cang). Die fünf Öffnungen des Magens sind die großen und kleinen Tore der Städte und Dörfer, heißt es. Mit den fünf Öffnungen sind der Rachen, der Mageneingang, der Magenausgang, Ilium-Cecal-Klappe (Verbindungsklappe zwischen Dünn- und Dickdarm) und der Anus gemeint. Der Einfluß des Magens reicht somit vom Rachen, von dort, wo die Nahrung hineinkommt, bis zum Anus, der Austrittsöffnung für das, was von der Nahrung übriggeblieben ist, nachdem sie den ganzen Weg zwischen Speiseröhre und Magen (dem "gelben Darm"), zwischen Magen und Dünndarm (dem "roten Darm"), Dünndarm und Dickdarm (dem "weißen Darm") passiert hat. Ein Ausdruck der engen Verbindung der drei Fu ist die Verwendung des Begriffs "Wei Chang" - Magen und Därme (Gastrointestinaltrakt). "Der Dickdarm beherrscht die Jin-Säfte, der Dünndarm beherrscht die Ye-Säfte" (Li Dong Yuan).
Die drei Fu, deren Leitbahnen an den oberen Extremitäten verlaufen, haben zusätzlich zu den He-Punkten (Meer, in das sich der Strom ergießt) ihrer Leitbahn noch einen "Unteren He-Punkt auf einer Yang-Leitbahn der unteren Extremitäten. Dies sind:
- Shang Ju Xu, Ma 37,
 Unterer He-Punkt des Dickdarms
- Xia Ju Xi, Ma 39, Unterer He-Punkt des Dünndarms
- Wei Yang, Bl 39, Unterer He-Punkt des San Jiao.

Über die (Unteren) He-Punkte können die Fu-Organe im Inneren behandelt werden (Ling Shu, 4). Weiter heißt es, daß Dickdarm und Dünndarm zum Fuß-Yang-Ming gehören (Ling Shu, 2). Folglich liegen auch die Unteren He-Punkte für beide Fu auf der Magen-Leitbahn. Der San Jiao ist das zentrale Organ der Wasserwege im Körper und besitzt daher engen physiologischen Bezug zur Blase. So liegt dessen Unterer He-Punkt auf der Blasen-Leitbahn.

Der Dünndarm beginnt anatomisch am Magenausgang. Der Luo-Punkt der Dünndarm-Leitbahn Zhi Zheng, Dü 7, hat eine Wirkung auf den Magen, dem er Feuer-Energie aus dem Tai Yang und Shen aus dem Herzen zuführt. Der Punkt wird auch "Mu-Punkt des Magens" genannt. Wenn "Krankheit des Magens besteht und der Bauch bebläht und in Fülle ist", behandelt man über den Hand-Tai-Yang-Luo (Dü 7), um den Magen zu sedieren.

"Einmal ist der Magen aufgefüllt, dann sind die Därme leer. Wenn die Därme aufgefüllt sind, dann ist der Magen leer. Weil sich Leere und Fülle ablösen, kann das Qi auf- und absteigen, die 5 Körperspeicher sich beruhigen, das Blut und die Gefäßbewegungen ruhig fließen, und der Geist (Shen) sich niederlassen. Aus diesen Gründen ist der Geist das "Feinststoff-Qi" (Jing Qi) von Nahrung und Wasser" (Nei Jing). Dies ist ein Hinweis darauf, daß Shen auf gesunde Säfte angewiesen ist und der Verlust von Jin Ye geistige Verwirrtheit hervorrufen kann, etwa bei extremen Schweißausbrüchen, Erbrechen, Diarrhoe.
Der Dickdarm ist der Minister der Übermittlungen und Wege, der die administrative Leitung beherrscht und die gute Art und Weise zu leben und den Respekt vor der Hierarchie anzeigt. Kehle und Nasen-Rachen-Raum hängen von seinem Funktionieren ab und werden von seinen Punkten beherrscht. Sein 17. Punkt heißt Tian Ding = Himmlischer Dreifuß und nährt das Gehirn und kräftigt den Geist (Shen). Der Name des Punktes verweist auf den Dreifuß als ein Behältnis für die Speisezubereitung, auch im mythischen Sinn. Seine Lage am Hals weist möglicherweise auf die Zufuhr von Atemluft, fester und flüssiger Nahrung von "oben" nach "unten" in den Körper hin, oder der Kopf als Dreifuß assoziert den kostbaren Inhalt des Behälters. Dieser beherbergt das Gehirn, den Speicher des ursprünglichen Geistes (Yuan Shen).

Der innere Duktus
Der "innere Duktus" ist die Verbindung zwischen Magen (Säfteproduzent), Dünndarm (Filter, Reinigungsinstanz) und Dickdarm (Destillation, die nur das unbrauchbare ausscheidet) einerseits und der Niere andererseits. Der innere Duktus (Gang, Kanal) wirkt wie eine Drainage, die Schmutzwasser filtert und bis zuletzt soviel Nährstoffe daraus hervorholt wie möglich. Das postnatale Qi ist nur über Yang Ming auffüllbar.

"Die Nieren sind die Pforten des Magens, heißt es im Nei Jing. In der Tat steht der Magen durch den unteren 3Erwärmer mit den Nieren in Verbindung. Vom unteren 3Erwärmer fließt die aus den Nahrungsmitteln extrahierte Flüssigkeit zu den Eingeweiden und von dort durch den "Inneren Kanal" (= inneren Verlauf) zu den Nieren" (Zhang Zhi Cong). Das Tor der Schranke zwischen Magen und Niere ist Guan Men, Ma 22, und liegt auf gleicher Höhe mit Ni 18, Shi Guan = Steinernes Paßtor, einem Verbindungspunkt zum Chong Mai.

Niere und Magen sind über den 5. (Ji) und 10. (Gui) Himmelsstamm miteinander verbunden (siehe oben zum Lo-Shu-Quadrat). Magen und Milz sind in der Wandlungsphase Erde vereint, weshalb man Salziges (in Maßen) essen sollte, um die Erde zu befeuchten. Wasser befeuchtet die Erde. Hier handelt es sich um die Stärkung der Niere, welche die Schranke des Magens darstellt. "Niere und Magen verbinden als fünfter und als zehnter Stamm den Stoffwechsel" (Chang Chih Tsung). Andererseits heißt es im Su Wen, Kap. 22, daß Bitteres hilft, durch Kälte aufgestaute Feuchtigkeit der Erde zu trocknen.

Punkte wie Chong Yang, Ma 42, der Yuan-Punkt des Magens, Pian Li, Di 6, Luo-Punkt des Dickdarms, und Wen Lui, Di 7, der Xi-Punkt des Dickdarms, stärken die Funktion des inneren Duktus und zugleich das Magen-Qi, tonisieren Yin und Qi im Yang Ming (besonders bei trockenem Darm).
"Die Fähigkeit des Dickdarms, die Faeces zu bewegen, hängt ganz vom Qi ab. Das Qi wird kontrolliert von der Lunge, und es ist nicht allein der Dickdarm, der von der absenkenden Bewegung des Lungen-Qi abhängt, auch die Blasen-Entleerung bedarf der transformierenden Bewegung; dem Lungen-Metall unterliegt die Ordnung des Rhythmus. Aber die Qi-Umwandlung des Dickdarms hängt ebenfalls von seiner Beziehung zur Metall-Lungen-Leitbahn ab, da die Behandlung von Darmerkrankungen gewöhnlich die Lungen mit einbeziehen. Durch seine Lage im unteren San Jiao steht der Dickdarm in Beziehung zur Niere, so wie es im Nei Jing heißt: "Die Nieren öffnen sich in die zwei Yin-Öffnungen des unteren Körperteils" (Anus und Urether) und "die Nieren sind das Flutungs-Tor des Magens" (Su Wen, 61).
Deshalb muß das Nieren-Yin voll (Man) und ausreichend sein, um den Dickdarm feucht und geschmeidig zu halten. Auch die Fuß-Jue-Yin-Leitbahn (Leber) umrundet das Rectum, und Dickdarm und Uterus sind beide nebeneinander angesiedelt, sodaß die Leber-Leitbahn und der Dickdarm ebenso in Beziehung zueinander stehen.

Während einer Erkrankung kann es vorkommen, daß schwaches, nach unten absinkendes zentrales Qi das Eindringen von Nässe-Hitze ermöglicht; oder daß Hitze aus der Lungen-Leitbahn in den Dickdarm gelangt; daß die an Yin leere Nieren-Leitbahn nicht in der Lage ist, die Därme zu befeuchten; daß Blut-Hitze aus der Leber-Leitbahn in den Dickdarm eindringt. Diese Vorgänge basieren alle auf den Beziehungen zwischen dem Darm und den anderen Organen" (Tang Zong Hai, 19. Jh.).

Die Nieren regieren den unteren 3Erwärmer. Wenn das Nieren-Yin infolge Blut-Leere erschöpft ist - wobei man berücksich tigen muß, daß das Blut in einem Teil des Jing des Knochenmarks, einem Yin-Aspekt der Nieren, produziert wird -, entziehen die Nieren dem Stuhl in den Därmen zuviel Flüssigkeit, so daß er zu trocken ist, um seinen Weg fortsetzen zu können und schließlich ausgeschieden zu werden. Die meisten Laxantien reizen nur den Dickdarm, so daß er angetrieben wird, sich zu entleeren und gehen nicht das Grundproblem an, die Milz-Leere und Trockenheit zu beheben.
Antibiotikum schädigt die Funktion des Duktus. Es erzeugt meist Kälte-Nässe im Dickdarm (blasse Zunge). Es kommt zu Durchfall, der nicht riecht, und nach mehrmaliger Gabe von Antibiotikum Trockenheit hervorrufen kann, mithin das Yin schmälert. So entsteht aus Kälte Leere-Hitze und Nachmittagsfieber, weil das Nieren-Yin nicht mehr genährt wird. Es kann aber relativ rasch wieder aufgefüllt werden, wenn die Zunge noch blaß und nicht schon rot ist.

"Gleichgültig, woher die Erkrankungen (des Dickdarms) letztlich kommen, haben sie einmal auf den Dickdarm übergegriffen, können sie nicht mehr in ein anderes Organ zurückkehren. Deshalb muß der Dickdarm als erstes behandelt werden, er ist der Zweig (Biao) der Erkrankung, erst danach müssen die anderen Organe und damit der Stamm (Ben) behandelt werden." (Tang Zong Hai, 19. Jh.).
Typische Dickdarm-Symptome wie Verstopfung oder chronischer oder akuter Durchfall beziehen sich primär auf den Dickdarm, wenn es sich um eine Fülle-Symptomatik handelt, liegt dagegen ein Leere-Befunde vor, dann liegt die Ursache eher in einer Milz- oder Lungen-, aber auch Nieren-Leere. Kräuter, die auf den Dickdarm wirken, sind meist kalt und leiten Hitze aus, die sowohl Verstopfung als auch Durchfall verursacht. Aber es kann sich z. B. auch Hitze des Magens mit der Nässe der Milz verbinden und zu Nässe-Hitze im Dickdarm führen. Stets muß jedoch Hitze aus dem Yang Ming über den Stuhl oder Harn ausgeleitet werden, um das Yin im Inneren zu schützen.

Häufig sind auch entgleiste Emotionen für Erkrankungen des Dickdarms verantwortlich. So überträgt sich Traurigkeit im Funktionsbereich Lunge auf den Dickdarm. Leere der Lunge führt zu Fülle im Dickdarm, es fehlt die absenkende Bewegung des Qi. Sich Sorgen machen läßt das Qi stagnieren und ruft Verstopfung hervor, ebenso wie Verbitterung und nicht vergeben können.

Energie-Aufbau über Yang Ming
Yang Ming verfügt als einzige der sechs Schichten direkt über "materielle" Energie, über das, was mit dem Essen und Trinken in den Organismus gelangt und in Qi und Xue umgewandelt wird, wovon beides reichlich in den Leitbahnen des Yang Ming fließt. Diese Energie ist leichter verfügbar und rascher zu ersetzen als feinstoffliche Energie (Jing). Die Nahrungs-Energie wird über die Behandlung von Yang Ming benutzt, Yang Ming wird benutzt, um die Energie-Produktion anzuregen und um Qi und Blut zu stärken. In besonderem Maße gilt dies für die Punkte Shou San Li, Di 10, und Zu San Li, Ma 36. Shou San Li wird auch als "Oberer He-Punkt des Magens" bezeichnet. Ein innerer Zweig davon dringt direkt in den Magen ein. Er ist der "Zu San Li des Arms" oder - ein anderer Name des Punktes - "der obere San Li": Der "Dritte Weiler" der Hand bzw. des Fußes. Beide liegen unterhalb des Knie- bzw. Ellbogen-Gelenks. Ein "Weiler" ist eine kleine Siedlung, in welcher der erschöpfte Reisende verschnaufen und dringend benötigte Reserven aufnehmen kann. Je effektiver Dickdarm (und Dünndarm) aus dem Unreinen Reines filtern, desto mehr fällt zur Auffüllung des Jing ab. Über Yang Ming kann das Yin unterstützt werden, ohne daß die Nieren selbst behandelt werden. Ähnlich funktioniert die klassische Rezeptur Liu Wei Di Huang Wan (Rehmannia Six), indem das Yin über die Tonisierung der Mitte und des Blutes genährt wird. Entsprechende Punkt-Kombination: Tong Li, He 5, Lie Que, Lu 7, Pian Li, Di 6, Xia Lian, Di 8.

Insbesondere drei Kombinationen von Punkten des Yang Ming zur Stärkung von Qi und Blut sind hier zu nennen:
- Zu San Li, Ma 36, und Shou San Li, Di 10: Über das Stärken des Magen-Qi wird Blut und Qi gestärkt, Zu San Li ist der Ben-Punkt (Erde-Punkt der Erde-Leitbahn) und der Hauptpunkt zur Stärkung von Qi und Blut, zur Stärkung der Wurzel des nachhimmlischen Qi, Shou San Li ist der Obere He-Punkt des Magens, dringt in das Fu-Organ ein und stärkt Qi und Xue.
- Zu San Li, Ma 36 und He Gu, Di 4: ersterer stärkt den mittleren Brenner, zweiterer mobilisiert Yuan-Qi, beide gemeinsam stärken das Zhen Qi (Wahres Qi)
- Shang Yang, Di 1, Fu Tu, Di 18, und Zu San Li, Ma 36: Fu Tu ist der Konzentrationspunkt von Yang Ming, Shang Yang ist der Ben-Punkt, der das Metall stärkt, Zu San Li ist ebenfalls ein Ben-Punkt, der die Erde stärkt.
Alle drei Kombinationen stehen zugleich im Sinne des Sheng-Zyklus miteinander in Verbindung: Erde nährt Metall.
Über Pian Li, Di 6, Wen Liu, Di 7, Yang Lao, Dü 6, und Zhi Zheng, Dü 7 läßt sich langfristig - Nadelung im Abstand von 14 Tagen - das Nieren-Yin aufbauen und stärken. (Diese Punkte werden im Ling Shu, Kap. 22, dort erwähnt, wo es um die Behandlung von Geisteskrankheiten und manischen Zuständen geht, die mit schwerer Yin-Leere einhergehen).
 
Yang Ming regiert und befeuchtet die Muskelkraft
"Yang Ming ist der See der fünf Zang und sechs Fu, es regiert und bewässert die ursprüngliche Muskelkraft (Zong Jin)... Es ist die Instanz der Vereinigung und Verbindung aller Muskelkräfte im Körper und die Kommandozentrale für die Muskeln" (Su Wen, 44). Zong sind die Vorfahren, Ahnen. Jin sind Muskeln und/oder Sehnen. Zong Jin ist die über die Ahnen übertragene, die geerbte, ursprüngliche Kraft in den Muskeln, die Verbindung zwischen Fleisch und Knochen und die Kraft, mit der die Bewegung ausgeführt wird. "Aus dem oberen Erwärmer kommt das (Wei-) Qi hervor. Der obere Erwärmer nimmt die Wärme und verteilt sie in den Muskeln. Er ernährt auch die Knochen und Sehnen. Er geht ebenfalls in die Bindegwebsfasern.

 Das Ying-Qi beginnt in der Lunge, also in der Region des Himmels, und fließt dann im Lungenmeridian Richtung Yang Ming. Das Ying-Qi ist Yin. Es ergießt sich in den Punkt Xi Gu (Schlucht des tiefen Tales, ein alternativer Name des Punktes Gui Lai,  Ma 29) und fließt mit den Jin und Ye in den kleinen Gefäßen. Wenn der mittlere Erwärmer in Harmonie und in Gleichgewicht ist, dann wandelt das Ying, und das Blut wird rot. Wenn das Blut in Harmonie ist, dann werden die kleinen Gefäße bis an den Rand gefüllt. Im Anschluß daran verbreitet es sich in die Luo-Gefäße. Wenn alle zusammen gefüllt sind, dann verbreitet es sich in die Jing Luo (Haupt- und Nebenleitbahnen). Wenn sich Yin und Yang vollständig ausgebreitet haben, fließt es in der Folge dank der Atmung, dann sind die Leitbahnen geregelt und der Kreislauf folgt den Grundsätzen (Dao) der Gefäße (Li). Wenn der Himmel hilft, indem er sich dazugesellt, dann gibt es keinen Unterbruch" (Ling Shu, 81). Hier wird das Zusammenspiel von mittlerem Erwärmer (unter Beteiligung des Magens) und dem oberen Erwärmer (Lunge und Herz) beim Zustande kommen der Zirkulation von Wei und Ying bis in die feinsten Kapillaren beschrieben.

Wenn Fuß-Yang-Ming seine "Funktion nicht mehr richtig erfüllen kann, werden Arme und Beine des Menschen kraftlos" (Ling Shu, 5). Deshalb heißt es in den "Unbefangenen Fragen": "Zur Behandlung von Paresen und Lähmungen wählt man ausschließlich Yang Ming" (Kapitel 44).
Einerseits lassen sich Lähmungserscheinungen in aller Regel auf Schädigung der Säfte zurückführen (z. B. infolge Hitze im Funktionsbereich Lunge, biopathogene Nässe-Hitze, Erschöpfung der Funktionsbereiche Niere und Leber, Leere oder Schwäche der Funktionsbereiche Milz und Magen). Es werden im Krankheitsverlauf Sehnen (Funktionsbereich Leber), Knochen (Funktionsbereich Nieren), Fleisch (Funktionsbereich Milz) und Haut (Funktionsbereich Lunge) in Mitleidenschaft gezogen. Andererseits läßt sich feststellen, daß bei Auftreten solcher Störungen sehr häufig auch Yang Ming betroffen ist; denn Yang Ming stellt das Ausgleichsreservoir der Energie aller Zang Fu dar und ist als solches für die Säfteversorgung der Sehnen zuständig. Die Sehnen halten wiederum die Knochen umfangen und die Gelenke beweglich.

In der Gruppe der Akupunkturpunkte für die Behandlung von Lähmungen und Paresen finden sich vor allem Yang-Ming-Punkte (4., 10., 11., 14., 15. Punkt des Hand-Yang-Ming; 30., 31., 32., 36., 41. Punkt des Fuß-Yang-Ming) neben solchen der Shao-Yang-Schicht (30., 31., 34., 40. Punkt des Fuß-Shao-Yang; 5. Punkt des Hand-Shao-Yang). "Die Funktion des Shao Yang ist es, eine Verbindung zwischen Blasen-Leitbahn und Magen-Leitbahn herzustellen" (Ling Shu, 5). Wenn das Scharnier Shao Yang zwischen Oberfläche und Innerem nicht funktioniert, kann es zu steifen, schmerzhaften Gelenken kommen, die sich bei Kälte und Wind sowie bei Wetterumschwung verschlimmern. "Ist das Scharnier zerbrochen, dann sind die Knochen locker, und man steht nicht fest" (Ling Shu, 5).
 
Bi-Syndrom über Yang Ming behandeln
Weil Yang Ming gleichermaßen viel Blut und viel Qi trägt und daher eine sehr materielle Schicht ist, wird sie zur Therapie von Bi-Syndromen eingesetzt. Zu Bi-Syndromen kommt es durch Blockaden, Obstruktionen der Leitbahnen, die wiederum zu Gelenk-, Muskel- und Sehnenschmerzen führen. Bi heißt Blockade, und blockiert ist die Zirkulation von Qi und Blut in den Leitbahnen, hervorgerufen durch die drei Übel Wind, Kälte, Nässe bzw. Kombinationen dieser Übel. Diese biopathogenen Faktoren können insbesondere dann in den Raum zwischen Haut und Muskeln eintreten, wenn eine Disposition zu Qi-Leere und Blut-Leere vorliegt. Bi-Syndrome beruhen auf einer Leere von Ying- und Wei-Qi, wodurch Wind, Kälte und Nässe eindringen und das Qi blockieren können. Qi und Blut erstarren und rufen Schwellungen und Schmerzen hervor. Auch wenn Qi- und Blut-Leere eine häufige Disposition darstellt, so handelt es sich bei den Bi-Syndromen stets um Blockaden der Leitbahnen, nicht um Erkrankungen der inneren Organe.

Hier sind besonders die Xi-Punkte des Yang Ming zu nennen, die den Energiefluß in der Leitbahn verstärken und Qi und Blut zum zirkulieren bringen: Liang Qiu, Ma 34 und Wen Lui, Di 7.
Andererseits führt eine Schwäche des Yang Ming dazu, daß das Qi des Magens die Extremitäten nicht mehr nährt und diese schlaff werden. Bei Leere sind die He-Punkte und Yuan-Punkte, die sich an den Gelenken befinden, schwach: die Energie wird nicht weitergeleitet. Starke Punkte wie Zu San Li, Ma 36, und Jian Yu, Di 15, usw. liegen in der Nähe von Gelenken, an denen häufig Blockaden auftreten können. Die 9 Tore an den Gelenken, von denen die Sondermeridiane (Jing Bie) ausgehen, sollen durch Qi-Gong-Übungen gestärkt werden, um die Zang Fu selbst zu schützen. Bei der Nadelung solcher Punkte wie Di 15 oder Ma 36 ist zu bedenken, daß die Leitbahnen des Yang Ming gleichermaßen viel Qi und Xue führen, auf alle Sehnen regulierend einwirken und zerstreuende Stimulation angezeigt ist, um zunächst z. B. Hitze zu kühlen oder Wind auszuleiten. Erst dann darf man mit Moxibustion oder warmer Nadelung weiterbehandeln.

Yang Ming und Dai Mai
Wenn die Leitbahnen des Yang Ming in Leere geraten sind, wenn also ein Mangel an Ying Qi besteht, dann erhält auch das außerordentliche Gefäß, das in der Region von Qi Chong, Ma 30, horizontal die vertikal laufenden Leitbahnen umfängt, der Dai Mai, zu wenig Energie. Der Dai Mai ist nicht fest, er ist zu entspannt, um die Energiezirkulation der vertikalen Leitbahnen zu versorgen. Die Sehnen verlieren an Spannung, die Füße werden von Lähmungen befallen. "Wenn die Yang-Ming-Leitbahn sich in Leere befindet, kann das Gürtel-Gefäß nicht binden und verursacht Atrophie der Beine" (Su Wen, 44). Solches erklärt, weshalb für die Behandlung von Lähmungen Punkte des Yang Ming die erste Rolle spielen, ergänzt durch Punkte anderer Leitbahnen, entsprechend dem vorliegenden Befund. Diese Punkte sind nach unterschiedlichen Stimulations- und Manipulationsmodi zu stechen, damit der Energiefluß in den Haupt- und Nebenleitbahnen des Yang Ming wiederhergestellt und dadurch das Qi, Xue und aktive und struktive Säfte in ausreichendem Maß für die Befeuchtung und Erhaltung der beeinträchtigten Organbereiche zur Verfügung stehen. Ist solches gewährleistet, kann sich ihre Funktion wieder normalisieren.
Punkte dieser starken Yang Ming-Schicht können gewöhnlich tief genadelt werden, während Nieren- und Leber-Punkte nur sanft genadelt werden.
 

 

 

Yang Ming und Tai Yin
Die Yang Ming Hand-Leitbahn (Dickdarm) steht mit der Tai Yin Hand-Leitbahn (Lunge) in einer Beziehung wie außen und innen und bildet ein entsprechendes funktionelles Gespann. Es heißt, daß die Dickdarm-Leitbahn nach unten in Que Pen, Ma 12, eindringt, an die Lungen-Leitbahn anknüpft, das Zwerchfell durchstößt und schließlich in den Dickdarm eindringt. Über das transversale Luo-Gefäß ist die Lungen-Leitbahn (Lu 7) mit der des Dickdarms (Di 4) verbunden. Die Yang-Ming-Fuß-Leitbahn (Magen) beginnt an der Basis des Nasenflügels, tritt nach unten durch das Zwerchfell, verbindet sich mit dem Magen und knüpft an die Milz an. Über Gong Sun, Milz 4, ist die Milz-Leitbahn mit der Magen-Leitbahn (Ma 42) verbunden. Diese Verläufe und Verbindungen zeigen das Zusammenspiel von Yin (Innen) und Yang (außen) der Funktionsbereiche sowie das Emporsteigen und Absinken in den ihnen zugeordneten Leitbahnen.

Yang Ming und Tai Yin beziehen sich auf der Ebene der Wu Xing (Fünf Wandlungsphasen) in der Anordnung des Sheng-Zyklus aufeinander: Magen > Dickdarm; Milz > Lunge. Durch die Aufnahme und Assimilation der Speisen und Getränke und deren Transport, durch die Verteilung der aus der Nahrung gefilterten Essenzen bilden sie Qi und Xue. Und von beiden ist viel im Yang Ming vorhanden. "Sticht man Yang Ming, so fließen Xue und Qi ab" (Su Wen, 24. Kap.). Weil diese Schicht viel Qi und Xue hat, treten, wenn außeninduzierte Krankheiten Yang Ming beeinträchtigen, Zeichen von Fülle oder Blockade auf. Deshalb erfordert deren Therapie stets ein zerstreuendes Vorgehen.
 

Helmut Magel
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