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„Die vier göttlichen Wurzeln der Existenz”

von Olaf Rippe

Die antike Vier-Elementen-Lehre und ihre Bedeutung in der Kräuterheilkunde

„Wer sie nicht kennte, / Die Elemente, / Ihre Kraft / Und Eigenschaft, / Wäre kein Meister / Über die Geister”,

 Johann Wolfgang v. Goethe

Über zwei Jahrtausende war die antike Lehre von den vier Elementen das beherrschende Denksystem des Abendlands. Aber anders als in der chinesischen oder ayurvedischen Medizin, die auf ähnlichen Vorstellungen beruhen, schenkt man in der abendländischen Heilkunde der Elementenlehre kaum noch Beachtung, dabei ist sie die Grundlage wichtiger Heilverfahren wie der Kräuterheilkunde, Spagirik, Astro- oder Humoralmedizin. Auch alte Kräuterbücher, die Texte von Hildegard und Paracelsus oder die therapeutischen Ansätze der anthroposophischen Medizin, werden durch die Elementenlehre erst wirklich verständlich.

Vor allem kennt dieses alte Weltbild einen qualitativen Zugang zur Natur, der in der stofforientierten Heilkunde unserer Zeit fast vollständig verloren gegangen ist.
Den Unterschied zum heute vorherrschenden materialistischen Weltbild formulierte der Anthroposoph E.M. Kranich mit den Worten: „Die Elemente sind ein Prozeß lebendigen Zusammenwirkens von Qualitäten, die nur geistig zu fassen sind. Wenn man sich mit den Elementen beschäftigt, befindet man sich in einem lebendigen Geschehen; bei den Stoffen steht man vor Objekten”. Somit entfremdet die Betonung des Stofflichen im Denken den Menschen von der Natur und damit von sich selbst.
Es ist also mit Sicherheit ein Fehler, die eigene Tradition zu belächeln oder gar zu leugnen, denn als ganzheitliches Weltbild ist die abendländische Elementenlehre sehr wohl von Nutzen und dazu geeignet, die wahre Natur von Krankheitsprozeß und Heilmittel zu erkennen.

Von der Philosophie zur Humoralmedizin


„Denn die vier Wurzelkräfte aller Dinge höre zuerst: Zeus, der schimmernde und Here, die lebensspendende sowie Aidoneus und Nestis, die durch ihre Tränen fließen läßt irdischen Springquell”, Empedokles von Agrigent. 1
Die Vorstellungen über das Wirken der Urkräfte gehen auf den antiken Philosophen Empedokles von Agrigent (5 Jh. v. Chr.) zurück. Er nannte sie Feuer, Wasser, Luft und Erde, erst Platon sprach von Elementen.
Aristoteles fügte diesem System noch ein fünftes Element hinzu, auch Quintessenz oder Äther genannt. Es ist die Vereinigung der vier Urkräfte sowie deren Ursprung und Vollendung. Als geistiges Prinzip finden wir sie aber in allen Erscheinungen wieder. Sie ist die Vereinigung der Gegensätze: Feuer und Wasser, Sonne und Mond, männlich und weiblich, Wissen und Liebe. Die Quintessenz aus der Natur freizusetzen und als Heilmittel zu nutzen, ist die geheime Kunst der Alchimie. 2
Aristoteles führte auch die qualitative Unterscheidung der Elemente ein (Wärme, Kälte, Trockenheit, Feuchtigkeit).
„Jedes Element hat zwei spezifische Eigenschaften, wovon es die erste für sich ausschließlich besitzt, durch die zweite aber wie durch ein Medium mit dem folgenden Element zusammenhängt. Das Feuer ist warm und trocken, die Erde trocken und kalt, das Wasser kalt und feucht, die Luft feucht und warm” (Agrippa v. Nettesheim). Die unterstrichene Eigenschaft bildet die primäre Qualität eines Elements; Feuer wäre demnach mehr warm als trocken, Erde mehr trocken als kalt, Wasser mehr kalt als feucht und Luft mehr feucht als warm.

Polybos, Schwiegersohn des Hippokrates, entwickelte aus der Elementenlehre die Vier-Säfte-Lehre (humores = Säfte) und ein darauf aufbauendes Therapiesystem, die Humoralmedizin. Gesundheit entspricht nach diesem System einer harmonischen Verteilung der vier Säfte (Eukrasie), beziehungsweise der Elemente: Blut (Luft), Schleim (Wasser), schwarze Galle (Erde) und gelbe Galle (Feuer). Krankheit ist dagegen eine falsche Säftemischung (Dyskrasie), beziehungsweise das Überwiegen eines Safts oder eines Elements. Nach antiken Vorstellungen erfolgt die Therapie durch Entleeren des überschüssigen Saftes (Ausleitung der „materia pecans” = schuldige Materie).

Der griechische Arzt Galenos (129 bis 199 n. Chr.) wandte die Säftelehre auch auf seelische Vorgänge an. Die falsche Säftemischung führt zur Entstehung der vier Temperamente: Melancholiker (Erde; melanos = schwarz, chole = Galle), Sanguiniker (Luft; sanguis = Blut), Phlegmatiker (Wasser; phlegma = Dampf), Choleriker (Feuer; chole = Galle).Nach dem Untergang Roms entwickelten arabische Ärzte wie Avicenna die Elementenlehre weiter. Durch die Kreuzzüge kam das Wissen wieder zurück nach Europa und beeinflußte die Medizin des Mittelalters erheblich. Im Spätmittelalter und in der Renaissance erlebte die Elementenlehre ihre letzte Hochblüte. In der Neuzeit begann schließlich ihr Niedergang, der bis heute andauert.

Die Elemente und ihre Eigenschaften


„Dies ist die Wurzel und Grundlage aller Körper, Naturen, Kräfte und wunderbaren Werke; wer diese Eigenschaften der Elemente und ihre Mischungen kennt, der wird ohne Schwierigkeit wunderbare und erstaunliche Dinge vollbringen und ein vollendeter Meister der natürlichen Magie sein”, Agrippa v. Nettesheim.

Der Charakter der Elemente zeigt sich schon in ihrer Symbolik: Ein Dreieck nach oben haben Feuer und Luft, dies zeigt ihre aktive männliche Kraft. Wasser und Erde haben dagegen ein Dreieck nach unten; es verweist auf ihre passive weibliche Kraft. Die Elemente sind damit polar geordnet, ähnlich dem Yang-Yin-System der chinesischen Medizin. Feuer (Yang) und Wasser (Yin) bilden die Grundpolarität der Elemente. In der Alchimie haben sie symbolisch das gleiche Gewicht. Das Element Luft verbindet diese zwei Grundkräfte miteinander. Das Ergebnis des Zusammenwirkens dieser drei Kräfte sind die Manifestationen im Element Erde.
Bildhaft beschrieb Hermes Trismegistos 3 das schöpferische Zusammenwirken der Elemente: „Sein Vater ist die Sonne (Feuer), seine Mutter der Mond (Wasser), der Wind (Luft) hat es in seinem Bauch getragen, seine Amme ist die Erde”.
Zuordnungen zu den Elementen
Neben Körpersaft und Temperament ordnet man den Elementen und ihren Qualitäten unter anderem auch Organe, Krankheitsprozesse und Heilmittel, insbesondere Pflanzen, zu.
Dabei unterscheidet man beispielsweise ein trockenes Fieber (Feuer) von einem Fieber mit Schweiß (Luft). Akute Krankheiten sind feurig/luftig, chronische dagegen erdhaft/wäßrig.
Von den Organen sind zum Beispiel Herz und Galle feurig, Leber und Lymphe wäßrig, Niere und Hormonsystem luftig, Lunge und Bewegungsapparat erdhaft.
Kräuter mit Herzwirkung stärken Selbstwahrnehmung und Ich-Bewußtsein (Feuer), Leberheilpflanzen regenerieren den Organismus (Wasser), Nierenmittel wirken auf unsere Gefühlssphäre (Luft) und Lungenmittel stärken die physische Konstitution (Erde).
Die Pflanzenteile ordnete Agrippa von Nettesheim wie folgt zu: „Bei den Pflanzen gehören der Erde an die Wurzeln wegen ihrer Dichtheit, dem Wasser die Blätter wegen ihres Saftes, der Luft die Blüten wegen ihrer Feinheit, dem Feuer der Same wegen seines erzeugenden Geistes.”

Feuer


Das Feuer ist als erstes durch den Weltgeist aus der Finsternis entstanden und durchflutet alles mit Licht und Wärme. Es ist die Ordnung nach dem Urchaos der Schöpfung. Feuer ist das aktive schöpferische Prinzip, die Intuition, Bewegung, Potenz, Kraft und der Wille zur Existenz. Für den Menschen ist es das Bewußtsein seiner selbst (mentaler Körper), sein Feuer der Liebe, seine Begeisterung, Lust und Erkenntnis.
Charakter: Warm – trocken; strahlend; brennend, aktiv.
Alchimie: Sulfur; alle Prozesse bei denen man Wärme verwendet.
Bewußtseinsform: Intuition.
Temperament: Cholerisch.
Organe: Herz, Arterien, Galle, Muskulatur, Abwehrprozesse.
Säfte: Gelbe Galle.
Geschmack: Scharf, brennend, bitter, warm, zusammenziehend.
Geruch: Beißend, krautig, würzig, warm, balsamisch, intensiv.
Pflanzensignatur: Reifung, Umwandlung der Blütenkraft in Samen. Verhärtungsprinzip; Ausbildung harter Hölzer (Zimtrinde, Eiche, Berberitze). Umwandlung des Blattprinzips in Nadeln oder Dornen (Berberitze, Schlehe, Disteln, Nadelgehölze). Ausbildung von Bitterstoffen, Scharfstoffen (teils auch Luft), fetten und ätherischen Ölen (Olive, Sonnenblume, Rosmarin, Wermut). Farbausbildung: Gelb, Orange, Rot, Purpur.
Wirkung: Erhitzend und austrocknend, stimulierend, tonisierend, abwehrsteigernd, keimtötend, häufig emmenagog und den Kreislauf anregend; bei chronischen Leiden.
Konstitution: Luesinisch; oxygenoid, hyperton-plethorisch, athletisch.
Übermaß von Feuer = Mangel an Wasser: Überwiegen der gelben Galle = cholerisches und extrovertiertes Temperament, häufig mit Tendenz zur Gewalt, auch gegenüber sich selbst; Ungeduld, Jähzorn, Rücksichtslosigkeit.

Akute und heiße Erkrankungen mit gleichzeitiger Trockenheit. Herz-Kreislauferkrankungen wie Hypertonie, Apoplexie, Sklerose (auch Erde), entzündliche Herzleiden. Allgemein Entzündungen mit Hitze und Rötung und wenig Sekretbildung, z.B. trockene Bronchitis. Gallenblasenentzündung (mit Steinbildung auch Erde), Hepatitis, Gastritis (Ulcus zeigt Übergang zu Erde). Septische Fieber; Leukozytose.

Wasser


Über das Wesen des Elements Wasser schrieb ein chinesischer Gelehrter im 11. Jahrhundert: „Von allen Elementen sollte der Weise sich das Wasser zum Lehrer wählen. (...) Wasser erobert durch nachgeben; es greift nie an, aber gewinnt immer die letzte Schlacht”.
Im Wasser liegt die Keimkraft aller Dinge. Es hat die Kraft der Ernährung und des Wachstums. Es ist weiblich, passiv und alles durchdringend. Es ist das Leben, die Gefühle, die Liebe zur Natur, die Zärtlichkeit, das Mitgefühl. Wasser ist das Form- und Wachstumsprinzip des Lebens, der Bildekräfteleib (= Bild der Kraft) oder Ätherleib der Anthroposophen, mit dessen Hilfe die Regeneration und der Energieaufbau erfolgt.
Charakter: Feucht – Kalt, beweglich, formend, passiv.
Alchimie: Passiver Merkur, Putrefaktion, Kondensation.
Bewußtseinsform: Imagination, Medialität, Phantasie.
Temperament: Phlegma.
Organe: Leber, Keimdrüsen, Haut, Schleimhaut, Lymphe, Körperflüssigkeiten.
Säfte: Schleim.
Geschmack: Muffig, fad, schleimig, faulig.
Geruch: Durchdringend, aashaft, faulig, muffig, schweißig, pheromonähnlich.
Pflanzensignatur: Keimung; Säftefluß der Pflanze. Weiche und saftige Kräuter; mit fleischigen und wasserhaltigen Blättern (Agave, Aloe, Dachwurz – Überlebensprinzip im Element Feuer). An feuchten Stellen wachsend (Weide, Birke); Wasser- und Moorpflanzen (Seerose, Sonnentau). Nachtaktive Pflanzen (Königin der Nacht; Nachtkerze). Ausbildung von Schleimstoffen, Feuchtigkeitsspeicher. Farbausbildung häufig Weiß, Rosa, Hellgelb.
Wirkung: Kühlend und anfeuchtend, entzündungswidrig, regenerierend, sedierend, häufig antiallergisch; bei akuten Leiden.
Konstitution: Lymphatisch; hydrogenoid; allergische Diathese (Anergie).
Übermaß an Wasser = Mangel an Feuer: Überwiegen von Schleim = Phlegmatisches introvertiertes Temperament; Willensschwäche, Unentschlossenheit, unselbständig, ängstlich.
Ständige Müdigkeit, Schweißneigung (kalt), Kreislaufschwäche (ständiges Frösteln), Hypotonie, Bindegewebsschwäche. Lymphatismus mit Neigung zu Wassereinlagerungen. Alle Symptome verschlimmern sich bei feucht-kalter Wetterlage. Neigung zur Verschleimung (chronische Sinusitis, Bronchitis). Rezidivierende Erkrankungen, Infektneigung (oft auch Erde). Mykosen. Neigung zu Tumorbildung und Krebs. Status nach Schock. Fettsucht.

Luft


Luft ist der Vermittler zwischen Feuer und Wasser. Sie ist das Fluidum oder die Aura um die Dinge. Junius beschreibt sie als „Trägerin des Samens”. Die Luft ist die astrale Welt der Träume, der Prophetie, der Psychometrie. Für den Menschen ist es seine Fähigkeit zum Gefühlsausdruck oder die Erkenntnis durch Überwindung der Polarität von Sympathie und Antipathie. Die Fähigkeit zur Kompensation und Flexibilität je nach Lebensumständen. Rhythmische Funktionen wie Atmung- und Herzschlag, Schlaf-Wachrhythmus, Monatsblutung, Hormonsystem.
Charakter: warm – feucht, gasförmig, aktiv.
Alchimie: Aktiver Merkur, Gärung, Destillation, Potenzierung.
Bewußtseinsform: Inspiration.
Temperament: Sanguinisch.
Organ: Niere, Blase, Nebennieren, venöser Kreislauf, Hormondrüsen, Nerven.
Säfte: Blut.
Geschmack: Scharf (auch Feuer), sauer, aromatisch, schweißig, schwefelig, senfig.
Geruch: Flüchtig, hell, fein, krautig, Kampfer- und Zitrusnote; Kopfnote in Parfüms.
Pflanzensignatur: Zarte Blüten (Sauerklee). Ausprägung von Blatt und Stengel (Merkur); Formung des Blattprinzips in das Fächrige und Gefiederte, Umformung zur Blüte mit Staubgefäßen. Windsamer (Ulme); rankende Pflanzen (Waldrebe), schnellwüchsig; feingliedriger schlanker Aufbau (Honigklee); Ausbildung eines hohlen Stengels (Schierling). Pflanzen mit bizarrer Blütenform (Akelei). Ausbildung von Alkaloiden, Cumarinen, Saponinen, ätherischen Ölen, Herzglykosiden, Senfölglykosiden (da sehr warm, auch etwas Feuer). Farbausbildung: Pastelltöne, Blautöne, Violett, Komplementärfarben, vielfarbig.
Wirkung: Erwärmend und anfeuchtend, Anregung geistiger Funktionen, aktivieren Stoffwechsel bei chronischen Leiden, keimtötend, resolvierend, häufig spasmolytisch.
Konstitution: Neurasthenisch, allergisch (Hyperergie), hypochondrisch; Tuberkulinismus.
Übermaß an Luft = Mangel an Erde: Überwiegen von Blut = Sanguinisches, extrovertiertes, nervöses Temperament; Hysterie, hektisch; neurotische Charakterstruktur, nervöse Tics.
Hyperthyreose; klimakterische Schweiße (warm). Nervöse Symptomatik wie Herzrhythmusstörungen, Cor nervosum, Infarkttyp. Akute Schübe allergischer Erkrankungen wie Urticaria, Heuschnupfen, Asthma (auch etwas Wasser). Entzündliche Leiden mit Tendenz zur Schwellung wie Gicht (auch Feuer) oder Arthritis. Entzündungen mit Sekretaustritt (Wundeiterungen). Krampfleiden, besonders periodische (Epilepsie, Migräne, Dysmenorrhoe). Venenentzündung (Thrombose zeigt auch Erde). Entzündliche Nieren-Blasenleiden.

Erde


Die Erde ist aus dem Zusammenwirken von Feuer, Wasser und Luft entstanden. Sie ist der Behälter aller himmlischen Strahlen und Einflüsse.
Junius beschreibt sie als „Schatzhalterin aller Dinge”. Sie ist die sichtbare Manifestation der Idee / Feuer. Hier entsteht Raum, Maß, Gewicht und Zeit. Es ist das Prinzip der Erstarrung, des Verharrens, des Ruhens. Das Wesen der Erde ist weiblich und passiv. Für den Menschen ist es seine Existenz in einer körperlichen Form, der physische Leib der Anthroposophen. In der Gnosis ist es der luziferische Fall in die Materie (Feuer in Erde).
Charakter: Trocken – kalt, fest, passiv.
Alchimie: Sal, Aschezusatz in spagirischen Präparaten.
Bewußtseinsform: Intellekt.
Temperament: Melancholie.
Organ: Lunge, Knochen, Gelenke, Haut und Hautanhangsorgane.
Säfte: Schwarze Galle.
Geschmack: Süß, salzig, erdig, modrig, teils relativ geschmacklos oder penetranter Nachgeschmack.
Geruch: Terpentinhaft, balsamisch, harzig, Fixative in der Parfümerie.
Pflanzensignatur: Wurzelbildung. Die Speicherwurzelpflanzen sind mehr dem Wäßrigen verwandt, bittere gelbe Wurzeln dem Feuer und aromatische Wurzeln der Luft. Trockene, wasserflüchtende Pflanzen (auch oft Feuer), Rinden (auch Feuer), kriechende Pflanzen; ausdauernde Pflanzen; Immergrüne (oft auch Feuer); erdgeschichtlich weit zurückreichend (z.B. Farne); Pflanzen, die ein hohes Alter erreichen. Flechten. Wenig Blütenbildung. Ausbildung von Gerbstoffen; Betonung der Kieselsäure und anderer Mineralien. Farbausbildung häufig unscheinbar, dunkle Farbtöne, Moosgrün, Grau, Dunkelviolett (auch Luft). Kohle- und Aschepräparate aus Pflanzen.
Wirkung: Kühlend und austrocknend, adstringierend, sedierend, wundheilend, blutstillend, teils antiallergisch und antibiotisch wirkend.
Konstitution: Psora, carbo-nitrogen, biliär, dyskratisch.
Übermaß an Erde = Mangel an Luft: Überwiegen der schwarzen Galle = melancholischer, introvertierter Typ; Neurasthenie.
Ausgemergelter, trockener Typ; verträgt keinerlei Reize; Vergreisung; senile Demenz. Sklerose (etwas Feuer), Multiple Sklerose; Neuralgien (auch etwas Wasser). Allgemein chronische, schleichende und progressive Leiden. Status nach Vergiftung durch Schwermetalle, Impfungen oder Chemotherapie. Allgemein trockene Hautleiden wie Psoriasis. Arthrose. Zirrhose. Immunschwächesyndrom. Status nach Entzündungen (Narben = Erde!). Jede Krankheit hat die Tendenz, im chronischen Verlauf in ein Übermaß an Erde überzugehen. Der Tod ist kalt und trocken.

Die Zuordnung von Pflanzen zu den Elementen


Die Zuordnung einer Pflanze zu einem Element soll zeigen, daß sich die Qualitäten dieses Elements besonders deutlich in der Pflanze verkörpern.
Die Zuordnung erfolgt durch die Signaturen einer Pflanze (signum = Zeichen), meist nach ihrem Geschmack, aber auch nach anderen Kriterien wie Geruch, Farbe oder Form. Hierin liegt einerseits die Stärke des Systems, da sie den individuellen Charakter einer Pflanze betont und sie nicht verdinglicht, andererseits ist die Auswertung der Signaturen ausgesprochen subjektiv und von den Fähigkeiten des Anwenders abhängig. Es erfordert viel Erfahrung im Umgang mit Pflanzen – und zwar mit allen Sinnen -, damit die Zuordnung keiner bloßen Willkür unterliegt.
Grundsätzlich erfolgt eine Einteilung nach den vier Grundqualitäten der Elemente. Es versteht sich von selbst, daß eine Pflanze keine gegensätzlichen Eigenschaften haben kann; eine Pflanze kann nicht gleichzeitig trocken und feucht oder kalt und warm sein; dies gilt ebenso für Krankheiten.

Die graduelle Einteilung von Pflanzen


Um die Unterschiede bei gleicher Zuordnung verschiedener Pflanzen zu einem Element besser darzustellen, ist es seit den Zeiten Galens üblich, die Qualitäten in verschiedene Grade einzuteilen; in der Regel werden dazu drei Grade verwendet.
Beispiel: trocken im ersten Grad ist leicht zusammenziehend (z.B. Frauenmantel), im zweiten Grad ist es dies stärker (z.B. Weißdorn) und im dritten Grad ist es dies besonders intensiv (z.B. Tormentill); die Wirkung beruht auf einem unterschiedlichen Gehalt an Gerbstoffen.
Eine ausgewogene Verkörperung eines Elements finden wir bei ausgeglichener Zuordnung von zwei Qualitäten.
Beispiel: Galgant (Alpinia officinarum) ist im dritten Grad trocken und warm. In der Gewürzpflanze ist das Feuer also besonders ausgeprägt; die Wirkung ist stark erhitzend, tonisierend und austrocknend und eignet sich beispielsweise zur Behandlung von Hypotonie und chronischen Verdauungsleiden wie Mykosen (Überwiegen von Wasser).
Meist liegt aber eine unterschiedliche Gewichtung vor, ein Stoff ist zum Beispiel wärmer als trocken oder feuchter als warm. Dadurch ergeben sich Übergänge zum verwandten Element.
Ein Beispiel ist das Immergrün (Vinca minor), das warm im ersten und trocken im zweiten Grad ist. Immergrün ist also wie Galgant feurig, allerdings wesentlich geringer. Die Betonung des Trockenen gegenüber der Wärme zeigt, daß Immergrün auch die Tendenz zum Erdhaften hat (Hauptzuordnung: Trocken). Da mit der Erde beispielsweise Altersleiden und Sklerose korrespondieren, erklärt sich die anregende Wirkung (Feuer) auf die Hirndurchblutung von Immergrün bei Cerebralsklerose (Erde). Weitere Signaturen für diese Indikationen sind: Dauerhaftes Grün (daher der Name) = chronische Prozesse, Altersleiden oder die blaue Frühjahrsblüte = Geist anregend. Tatsächlich hat man einen Wirkstoff (Vincamin) gefunden, der die Indikation bestätigt, allerdings kennt die Volksmedizin diese schon seit Jahrhunderten.
Die Elementenlehre hilft aber nicht nur bei der Klassifizierung einzelner Pflanzen und zeigt deren Wesensverwandtschaft zu anderen, sie ist auch hilfreich bei der Auswahl von Kräutern für Mischrezepte. Es ist zum Beispiel unsinnig, ein Rezept aus einem kalt-feuchten Mittel wie der Taubnessel und einem warm-trockenen Mittel wie der Berberitze zu bilden, da deren Wirkungen konträr sind. Ein weiteres Beispiel einer unsinnigen Rezeptur wäre die Kombination des schweißtreibenden Holunders (etwas warm und sehr feucht = Luft und etwas Wasser) mit dem schweißhemmenden Salbei (etwas warm und sehr trocken = Feuer und etwas Erde).

Sehr wohl lassen sich dagegen Rezepte aus Stoffen bilden, die Gemeinsamkeiten aufweisen. So läßt sich ein wenig warmes und mäßig trockenes Mittel wie die Bartflechte, mit relativ kalten und etwas trockenen Mitteln wie dem Schachtelhalm oder dem Lungenkraut zur Lungentherapie (Erde) kombinieren. Die Betonung des Rezepts liegt auf der Trockenheit und eignet sich gleichermaßen zur Behandlung feucht-kalter (z.B. Erkältung/Wasser) oder feucht-warmer Erkrankungen (z.B. Heuschnupfen/Luft).

Die Elementenlehre als therapeutisches Modell


„Bald sich durch Liebe alles vereinigt zu Einem, bald auch werden wieder die einzelnen Stoffe auseinandergetragen im Hasse des Streites”, Empedokles v. Agrigent.
Durch die jeweilige Qualität der Elemente ergeben sich Polaritäten (Antipathie) wie Gemeinsamkeiten (Sympathie). Grundsätzlich wirken immer alle Elemente zusammen, jedoch in unterschiedlicher Intensität.
(s.Das Kräftespiel der Elemente)

1. Antipathie = Kontrolle und Hemmung (Kreuz)


Wegen ihrer primären Qualitäten bilden Feuer (warm) und Wasser (kalt) sowie Erde (trocken) und Luft (feucht) polare Gegensätze. Daraus ergibt sich das Gesetz der gegenseitigen Kontrolle und Hemmung.
Krankheiten resultieren aus dem Übermaß eines Elements und der mangelnden Kontrolle durch den Gegenpol. Nimmt beispielsweise das Element Feuer im Menschen überhand, dann muß die Therapie eine Erhöhung von Wasser zum Ziel haben.
Die Therapie mittels gegensätzlicher Elemente heißt „Antipathisches Heilen”. Es führt zu einem Ausgleich der Elemente nach dem Prinzip einer Waage (Regulationstherapie).

Die Therapie erfolgt durch Energetisierung des schwächeren Elements sowie durch eine eventuelle Ableitung des stärkeren.
Beispiel Hypertonie = Überwiegen von Feuer: Ableitung von Feuer durch Aderlaß, gleichzeitig Gabe von Mitteln der Elemente Wasser und Erde, die den Patienten vor allem kühlen, anfeuchten und beruhigen sollen, z.B. Baldrian, Mädesüß, Mistel, Passionsblume.

Geben wir statt dessen Mittel des Elements Feuer, würde sich der Prozeß verschlimmern, desgleichen bei Gabe von Luftmitteln, die ebenfalls warm sind. Mittel des Elements Luft kämen aber in Frage, wenn sie deutlich feuchter als warm sind wie die Mistel (Verbindung zu Wasser = feucht, als Gegenpol zu Feuer).

Wenn wir antipathisch arbeiten, muß ein großer Reiz mit einer großen Wirkung erfolgen – liegt ein Übermaß von Feuer vor, braucht es soviel Wasser, daß es Feuer löschen kann. Dies ist der Grund, warum diese Methode auf große Dosen und häufige Gaben nicht verzichten kann.

Dabei ist zu beachten, daß Feuer das aktivste Element darstellt, danach Luft, dann Wasser und zum Schluß Erde, als das passivste. Daher braucht es von Feuer oder Luft immer geringere Mengen, als von Erde und Wasser.
Anders gesagt: Heilmittel von Luft und Feuer führen in größeren Mengen schneller zu Unverträglichkeiten oder wirken toxisch.

Antipathische Therapie am Beispiel Psoriasis – Neurodermitis


1. Chronische trockene Hauterkrankungen wie Psoriasis sind ein Überwiegen von Erde, d.h. sie sind kalt und trocken. Wir brauchen in erster Linie Mittel des Elements Luft (warm-feucht), also senfig/sauer schmeckende Pflanzen oder solche von schlanker Gestalt, mit schmalen/gefiederten Blättern und mit hohlem Stengel, eventuell mit Milchsaft, allgemein sollten die Pflanzen saftig sein; aus der Systematik eignen sich besonders Doldenblütler, da sie in ihrer Gestalt sehr luftig sind. Ferner eignen sich einige Mittel des Elements Feuer, sofern sie nicht zu trocken sind.
Von Luft braucht es größere Mengen (Polarität), von Feuer geringere (Verwandtschaft zu Erde = Trockenheit; siehe auch Kapitel Sympathie).
Beispiele: Luft – Brennessel, Brunnenkresse, Erdrauch, Löwenzahn, Meisterwurz, Mistel, Sarsaparilla, Schöllkraut. Feuer: Berberitze, Engelwurz, Mahonie; die Feuermittel in geringer Dosierung oder in Tiefpotenzen.
2. Hauterkrankungen wie Neurodermitis zeigen Symptome des Elements Luft (Nervosität, Juckreiz, nässend), aber auch des Feuers (rot und entzündlich). Die Krankheit kann man in ihrer Gesamtheit als warm bezeichnen.
Als Heilmittel nach den Regeln der Antipathie eignen sich in erster Linie Mittel des Elements Wasser, zum Teil auch mit Übergang zum Element Luft (Feuchtigkeit sollte betont sein) sowie in Kombination Mittel des Elements Erde (Kälte sollte betont sein).
Beispiele: Wasser – Betonie, Birke, Bittersüß (auch etwas Luft), Brennessel (auch etwas Luft), Klebkraut, Rose, Stiefmütterchen, Weide. Erde – Himbeer- und Brombeerblätter, Eiche (auch etwas Feuer), Ehrenpreis, Ringelblume, Schachtelhalm, Wegerich (auch etwas Wasser).

2. Sympathie = Gegenseitige Erhaltung (Kreis im Uhrzeigersinn)


Die sympathische Beziehung der Elemente ergibt sich aus ihren jeweiligen Gemeinsamkeiten: Erde – Wasser (Schwer / Passiv = Kalt, Chronisch) im Gegensatz zu Feuer – Luft (Leicht / Aktiv = Warm, Akut); Wasser – Luft (Feuchtigkeit) im Gegensatz zu Feuer – Erde (Trockenheit).
Eine Therapie nach den Regeln der Sympathie erfolgt in erster Linie durch Anwendung von Mitteln, die über ihre Qualitäten einen Ähnlichkeitsbezug zur Krankheit aufweisen. Als Dosis sind in solchen Fällen nur geringe Mengen notwendig.
Beispiel: Behandlung einer Hypertonie (Feuer) mit Mistel (Luft) in geringer Dosierung.
Eine weitere Möglichkeit ist die Anwendung von Homöopathika. Mittel mit Wassercharakter heilen in potenzierter Form beispielsweise Zustände von zuviel Wasser; das Mittel nimmt also in potenzierter Form eine gegensätzliche Qualität an.
Beispiel: Die Teichrose (Nuphar luteum), die wir dem Element Wasser zuordnen, wirkt als Tinktur dämpfend auf die Libido (verstärkt Kälte/Wasser), in potenzierter Form ist sie dagegen sexuell stimulierend (verstärkt Wärme).
Diese Therapie wird durch den homöopathischen Umkehreffekt möglich, der in der Regel ab D4/6 eintritt. Ähnliches gilt für spagirische Zubereitungen, die in ihrer Qualität mit Homöopathika vergleichbar sind; daher erklärt sich, warum von Spagirika meist kleinste Mengen ausreichen.
Bei der Therapie nach den Regeln der Sympathie sollte man auf folgende Punkte achten:

1. Das Mittel entspricht in ausgeprägter Form der Elementenzuordnung der Krankheit – es wird potenziert verabreicht.
Beispiel 1: Behandlung eines Cholerikers (Feuer) mit Strychnos nux vomica (Brechnuß), einem extrem warmen und etwas trockenen Mittel (Bitter, Früchte) in höheren Potenzen.
Beispiel 2: Wir behandeln eine Arthrose mit entzündlichen Schüben = Übermaß an Erde und Tendenz zu Feuer. Wir verwenden Wurzeln (= Erde), die aber feurige Qualitäten in sich tragen, z.B. bitterer Geschmack, Stachelsignatur der Gesamtpflanze, Wurzel gelb; diese Kriterien erfüllt z.B. die Berberitze. Die Dosis braucht nicht besonders groß zu sein, es reichen wenige Tropfen täglich oder die D4 (sympathische Beziehung von Feuer zu Erde über trocken).

2. Wir ergänzen das Rezept durch das ähnlichere Element: Erde / Wasser, Feuer / Luft.
Beispiel Arthrose (Erde): Wassermittel in größeren Dosen wie Birke, Weide oder Mädesüß ergänzen das Rezept, da das Element Wasser der Erde am nächsten steht.

3. Verknüpfen wir die sympathische mit der antipathischen Methode, dann mischen wir dem Rezept einer Arthrose (Erde) noch Luftmittel in großen Dosen zur Regulation bei, beispielsweise Brennessel.
Die gleichzeitige Verwendung antipathischer Mittel reduziert die Gefahr der Erstverschlimmerung einer homöopathischen Therapie, mindert aber in keiner Weise die Wirkung potenzierter Präparate.
Zusammen ergeben die drei Punkte eine Therapie, bei der man alle Elemente in unterschiedlicher Intensität verwendet. Sie ist damit komplexer als die antipathische Methode, aber auch wirkungsvoller und zudem eleganter.


1 Aus dem Werk: „Über die Natur”; Zeus ist das ätherische Feuer, Here die Erde, Aidoneus die unsichtbare Luft und Nestis das Wasser.
2 Das Hexagramm, die Vereinigung von Feuer und Wasser, ist das Symbol der Quintessenz.
3 Ägyptischer Eingeweihter, der in der hermetischen Tradition mit Thot, dem Gott der Weisheit und Schöpfer der Alchimie, gleichgesetzt wird.
 

Literaturauswahl
Arroyo, Stephen: Astrologie, Psychologie und die vier Elemente; Hamburg 1989
Böhme, Gernot / Böhme, Hartmut: Feuer, Wasser, Erde, Luft; München 1996
Daems, Willem F.: Mensch und Pflanze; Schwäbisch Gmünd, 1988
Junius, Manfred M.: Praktisches Handbuch der Pflanzen-Alchimie; Interlaken 1982
Kranich, Ernst M.: Die Formensprache der Pflanze; Stuttgart 1976
Madejsky, Margret / Rippe, Olaf: Heilmittel der Sonne; München 1997
Müller, Ingo W.: Humoralmedizin; Heidelberg 1993
Nettesheim, Agrippa von: Die magischen Werke; Wiesbaden 1983
Paracelsus: Sämtliche Werke, Aschner Ausgabe; Anger 1993
Weiterbildung
Natura Naturans, München, veranstaltet regelmäßig Seminare und Ausbildungen in Phytotherapie, Alchimie und Astromedizin, in denen die Elementenlehre Lehrinhalt ist; Informationen beim Verfasser.
Anschrift des Verfassers:
Olaf Rippe
Heilpraktiker
Hiltenspergerstr. 35
80798 München
Tel.: 089 / 272 59 02

www.natura-naturans.de

 

 Diese Informationen und Veranstaltungshinweise
finden Sie auch in der Zeitschrift Naturheilpraxis des Pflaum-Verlages:



 

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