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Tendenzen der Arzneimittelzulassung
von Josef Karl
 Vorbemerkung
    
    Im Jahr 1994 wurde die sog. Aufbereitung des phythotherapeutischen Materials 
    und die Monographierung der Arzneipflanzen beim damaligen BGA (Bundesgesundheitsamt) 
    unter Beratung und Anhörung der Kommission E (besondere Therapierichtung) 
    abgeschlossen. Es waren zuletzt 363
    Arzneipflanzen bearbeitet - teils positiv, teils negativ.1995 konstituierte 
    sich - nach Umbildung des BGA in das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel 
    und Medizinprodukte) die Kommission E neu. Sie wurde in der Folgezeit vom 
    Institut zur Zulassung von Phytopharmaka hinzugezogen.
    
    I.
    
    Wenn man nach Abschluß der Bearbeitung von positiver sowie negativer Monographierung 
    des pflanzlichen Arzneischatzes sich einen Überblick verschafft, sind es im 
    wesentlichen ein paar dutzend Pflanzen, die als Monopräparate eine Marktrelevanz 
    erreichen und von denen inzwischen eine
    größere Anzahl vom BfArM zugelassen wurden. Diese sind bisher im wesentlichen: 
    Weißdorn, Johanniskraut, Baldrian, Hopfen, Passionsblume, KavaKava, Melisse, 
    Ginseng, Eleuterokokkus, Knoblauch, Brennesselkraut und -wurzel, Sägepalme 
    (Sabal serrulata), Artischocke, Mariendistel,
    Schöllkraut, Erdrauch, Löwenzahn, Bärentraube (Uva ursi), Kürbiskerne, Sennes, 
    Mönchspfeffer (Agnus castus), Silberkerze (Cimicifuga racemosa), Minzöle, 
    Teufelskralle, Sonnenhut, Arnika (nur äußerlich), Thymian...
    
    Andere Monopräparate aus Pflanzen erhielten ebenfalls eine Zulassung - sind 
    aber nicht in größerer Anzahl auf dem Markt: Spitzwegerich, Besenginster, 
    Isländisch Moos, Schafgarbe, Haronga madagask., Birkenblätter, Gartenbohne, 
    Enzian, Roggenpollen, Andorn, Hirtentäschel.
    
    Kombinationen wurden bisher so gut wie gar nicht berücksichtigt - sieht man 
    vielleicht von Hopfen-Baldrian-Präparaten ab. Hier ist die Tendenz also völlig 
    klar - und wenn man sich Prognosen erlauben darf, wird es auch höchstens zu 
    Dreier-Kombinationen kommen. Es erscheint mir nach dem
    augenblicklichen Stand der Meinung ausgeschlossen, daß Präparate mit mehr 
    als drei Kombinationspartnern eine Zulassung erhalten - das wissen natürlich 
    die Hersteller. Und wenn (was unwahrscheinlich ist) nicht durch weitere Novellierungen 
    des AMG (Arzneimittelgesetz) nicht eine radikale Kehrtwendung eingeschlagen 
    werden soll, sind diese Medikamente mit mehr als drei Pflanzen im Jahr 2004 
    nicht mehr zugelassen. So will es der Gesetzgeber.
    
    (Diese Präparate befinden sich in der "Übergangsfrist".) Es zeigt 
    sich bereits jetzt, daß die GKV (gesetzliche Krankenversicherung) restriktiv 
    vom Kassenarzt erwartet, daß er nur noch zugelassene Phytopharmaka verordnet. 
    Auch hier ist eine Tendenz klar zu erkennen: viele Kassenärzte weichen
    bereits wieder vor dem Phyto-Boom zurück, weil sie Probleme mit der Erstattung 
    bekommen und die Kassen Budgetbeschneidungen vornehmen.
    
    Der Patient soll seine pflanzlichen Arzneien zu einem Teil eben selbst bezahlen 
    und die sog. Hardliner in der Schulmedizin haben gerade dieses Jahr erhebliche 
    Angriffe gegen die "Besonderen Therapierichtungen" wie Phyto- und 
    Homöopathie sowie die Anthroposophische Medizin gestartet: sie
    halten sie für unbewiesen, unwirksam, unnütz kostenverursachend. Private Krankenkassen 
    zeigen zur Zeit noch Spielräume: Sie erstatten zum Teil, zum Teil nicht;anderen 
    hinterfragen sie diese Therapien und stellen die Kosten in Frage. (Bei der 
    Homöopathie macht natürlich nicht das Medikament die
    Kosten, vielmehr der Zeitaufwand für das Repertorisieren.)
    
    II.
    
    Wende ich mich den Zulassungen der chemischen, synthetischen Arzneimittel 
    zu:
    im Bereich der Arzneimittelzulassung entsprach der geringe Anteil an Kombinationspräparaten 
    der Entwicklung in den vorausgegangenen Jahren. Die Zulassungen für Arzneimittel 
    mit neuen Stoffen war dagegen mit einem Anteil von 16 % gegenüber dem Durchschnitt 
    früherer Jahre relativ rückläufig. 
    
    Unter dem Gesichtspunkt des Anwendungsbereiches nehmen die Zulassungen für 
    Herz-Kreislaufpräparate die Spitzenstellung ein. Unter Berücksichtigung des 
    Wirkstoffes stehen captoprilenthaltene Arzneimittel mit 241 Zulassungen an 
    der Spitze. Ob diese oder andere mit einem bestimmten Wirkstoff besonders 
    häufig zugelassenen Arzneimittel jemals alle auf dem Pharmamarkt erscheinen 
    werden, ist ungewiß; es ist zu vermuten, daß ein Teil dieser Präparate "Karteizulassungen" 
    bleiben werden.
    
    Aufmerksamkeit verdienen die Zulassungen einiger Arzneimittel, die einen wesentlichen 
    therapeutischen Fortschritt versprechen. Beispiele sind das den Wirkstoff 
    Paclitaxel enthaltende Taxol zur Behandlung des Mammakarzinoms.
    
    Dieses klinische Medikament ist aus der Eibe (Taxus baccata und deren Arten) 
    entwickelt worden und somit eines der ganz wenigen der letzten Jahre, das 
    aus einem pflanzlichen Grundstoff entstand. Dies ist insofern erstaunlich 
    und auch ernüchternd, als weltweit eine immense Suche nach pflanzlichen Arzneistoffen 
    kaum etwas gebracht hat, was Eingang in die Praxis gefunden hätte. In der 
    Phytotherapie der ambulanten Praxis war es Ginkgo bilaba als letztes Mittel 
    seit Jahrzehnten, das sich durchsetzen
    konnte und mit einer positiven Monographie anerkannt ist. Erstaunlicherweise 
    ist es keiner Pflanze aus der Ayurveda- und chinesischen Medizin (TCM) gelungen, 
    sich hier zu etablieren. Das gibt erheblich zu denken.
    
    Weitere Beispiele sind: Neutrexin mit dem Wirkstoff Trimetrexat-D-glucuronat, 
    eine Alternative für die Behandlung von Pneumonien bei AIDS-Patienten, weiter 
    das Interferon alfa-2a enthaltende Roferon zur Behandlung der chronischen 
    Hepatitis, Ethyol mit dem Wirkstoff Amifostin zur Behandlung des Infektionsrisikos 
    bei Neutropenien, für die Augenheilkunde Trusopt mit Wirkstoff Dorzolamid 
    zur Glaukombehandlung bei Patienten, die nicht mit Betablockern behandelt 
    werden können, das Tacrin
    enthaltende Cognex zur Behandlung der Alzheimer Krankheit; das Dornase alfa 
    Präparat Pulmozyme zur Behandlung der Mukoviszidose sowie Rimexel mit dem 
    Wirkstoff Rimexalon zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis und das Tacrolimus 
    enthaltende Prograf zur Prophylaxe der Transplantationsabstoßung. 
    Werfen wir - wiederum was die sog. schulmedizinischen Medikamente betrifft 
    - einen Blick auf eine Tabelle, die uns die Häufigkeit der in den letzten 
    Jahren zugelassenen Arzneimittel, klassifiziert nach Anwendungsgebieten, zeigt: 
    ....
    
    Schließlich eine Tabelle ...., aus der ersichtlich ist, welche
    Stoffgruppen am häufigsten sind - in der Zulassung wohlgemerkt, nicht
    völlig identisch in der Häufigkeit der Verordnung:
    Dazu einige Anmerkungen zur Orientierung:
    
    Nr.1 Captopril gehört zur Gruppe der Hemmstoffe des Angiotensin converting 
    enzyme (ACE-Hemmer), d.h. es hemmt die Gefäßzusammenziehung  (Vasokonstriktion) 
    und kann in erster Linie den Blutdruck senken als auch die Herzleistung bei 
    Insuffizienz verbessern.
    
    Nr. 2 Ranitidin ist ein selektiver Histamin-H2-Rezeptorenblocker, der die 
    Magensaft- und vor allem die Säureproduktion vermindert, also bei hyperazider 
    Gastritis mit Ulkusneigung zum Einsatz kommt.
    
    Nr. 3 Tramadol ist ein starkwirkendes Schmerzmittel
    
    Nr. 4 Aciclovir ist ein Virostatikum bei Infektionen mit Herpes- oder
    Varicella-Zoster-Viren.
    
    Nr. 5 Propafenon ist eine Medikamentengruppe innerhalb der Antiarrythmika 
    (kein Betarezeptorenblocker).
    
    Nr. 6 Diltiazem: Hier handelt es sich um einen koronarerweiternden Stoff, 
    ebenso bei
    
    Nr. 7 Isosorbidmononitrat
    
    Nr. 8 Hydrochloridthiazide sind eine diuretisch wirkende Stoffgruppe und Sulfonamid-Derivate
    
    Nr. 9 Acetylcystein (ACC) ist ein Schleimlöser für die Bronchien
    (Mukolytikum) - verschreibungsfrei
    
    Nr. 10 Calciumcarbonat als Basenmittel zu den Erdalkalien zählend,
    Puffersubstanz bei Hyperazidität - verschreibungsfrei
    
    Nr. 11 Cimetidin, ebenfalls ein Histamin-H2-Rezeptorenblocker, siehe Nr. 2
    Ranitidin
    
    Nr. 12 Verapamil gehört zu den Calciumantagonisten und wird verwendet als 
    Vasodilitator und Antiarrhythmikum.
    Alle diese Stoffgruppen sind verschreibungspflichtig - mit Ausnahme von Nr. 
    9, dem ACC und Nr. 10.
    
    Anschrift des Verfassers:
    Josef Karl
    Heilpraktiker
    Siegfriedstr. 10
    80803 München
    
    Diesen Beitrag in vollem Umfang und weitere Beiträge finden Sie im
    aktuellen Heft Naturheilpraxis




